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Novum regionaler Partner, die etwas verändern

Am westlichen Rand des „Solarparks Bornscheidt“ fallen auf einige Zellen selbst im Hochsommer schon um drei Uhr nachmittags Schatten, die benachbarte Laubbäume werfen. Dessen ungeachtet produzieren die insgesamt ungefähr 8.000 Photovoltaik-Module, die hier verbaut sind, ein Maximum von jährlich zweieinhalb Millionen Kilowattstunden (kWh) „grünen“ Sonnenstrom, was in etwa dem Bedarf von 2.400 Menschen entspricht. Ein ganz neues Kooperationsmodell dreier unterschiedlicher, regionaler Partner, das jetzt vorgestellt worden ist, sorgt dafür, dass die mit der Anlage erzeugte, umweltfreundliche Energie einem heimischen Industriebetrieb zur Verfügung steht.

Hartmut und Florian Goerg, Markus Mann sowie Thomas Solbach (von links) sehen sich an, wo die Genossenschaft mit der Kraft der Sonne den Ökostrom erzeugt.

„Ein Planet wird geplündert“, das 1975 erschienene Buch von Herbert Gruhl, sei einer der Auslöser gewesen, sich mit erneuerbaren Energien zu beschäftigen, erinnert sich Friedrich Hagemann. „Damals dachte ich: ‚Oh, hoppla, du musst in diese Materie einsteigen.‘ Und dann stieß ich Anfang der 1980er-Jahre recht schnell auf das seinerzeit aufkommende Thema CO2- und Methan-Ausstoß. Und mir war klar, dass der nicht ohne Schaden für den Planeten sein würde“, blickt Hagemann zurück.

Heute ist der Direktor des Amtsgerichts im Ruhestand Vorsitzender des Aufsichtsrates der „Maxwäll-Energie Genossenschaft eG“. Gegründet 2012, betreiben die in dem Zusammenschluss organisierten gut 500 Mitglieder insgesamt fünf Solarparks, die zusammen die Strommenge für rund 6.000 Menschen liefern.

Dazu gehört der „Solarpark Bornscheidt“ in Wissen/Sieg. Im benachbarten Areal „Auf der Bornscheidt“ waren im schrecklichen Zweiten Weltkrieg Zwangsarbeiter, die zur Arbeit im örtlichen Walzwerk, in den Gruben der Region und als Hilfskräfte in Privathaushalten gezwungen wurden, in Holzbaracken untergebracht. Ein Mahnmal erinnert an jene finsteren Zeiten. Doch in der Gegenwart ist dieser Flecken eher idyllisch: Der Sommerwind säuselt sanft durch besagte Laubbäume, der Solarpark ist eingebettet zwischen Sieg und zwei Tennisanlagen. Entspannte Schafe auf dem Gelände „pflegen“ das Grün, das die Photovoltaik-Module umgibt.

2018 ging der erste Teil des „Solarparks Bornscheidt“ ans Netz, der dritte und letzte im April dieses Jahres. Fotos: Schmalenbach

Diese besichtigen gerade Markus Mann, Geschäftsführer von „MANN Naturenergie“, der Strom-Abteilungsleiter des Unternehmens, Thomas Solbach, sowie Hartmut und Florian Goerg, die das in der Gewinnung und Aufbereitung tonkeramischer Rohstoffe tätige Unternehmen „Goerg & Schneider“ in Boden besitzen und leiten. Die „vierbeinigen Gärtner“ beobachten das Grüppchen, das Friedrich Hagemann gemeinsam mit „Maxwäll“-Vorstand Gerd Stein umher führt, derweil aus sicherer Entfernung.

Mann, Solbach, Vater und Sohn Goerg besuchen die Anlage, weil sie mit der Genossenschaft von Hagemann und Stein eine bemerkenswerte Kooperation vereinbart haben, die im nördlichen Rheinland-Pfalz wohl ein absolutes Novum ist: Der im Solarpark von „Maxwäll“ mit der Kraft der Sonne erzeugte Ökostrom wird seit April von der „Goerg & Schneider GmbH“ genutzt, die damit keramische Rohstoffe fördert und weiterverarbeitet (siehe Seite 5).

Gerd Stein (links) und Friedrich Hagemann erklären Wechselrichter der Anlage, durch die der Strom Richtung „Goerg & Schneider“ fließt.

Dazu wurde ein 15 Jahre lang laufendes PPA, ein „Power Purchase Agreement“ geschlossen, was sich wohl am treffendsten als „Stromkaufvertrag“ übersetzen lässt. So steht zum einen einem regional tätigen Unternehmen in der Westerwälder Heimat erzeugte elektrische Energie aus erneuerbaren Quellen zur Verfügung.

Zum anderen bringt sich „MANN Naturenergie“ bei dieser nachahmenswerten Partnerschaft als ausgleichendes Bindeglied zwischen Erzeuger und Verbraucher ein: Liefert der Solarpark in Wissen vorübergehend zu wenig Strom für den Momentan-Verbrauch von „Goerg & Schneider“, gleicht der Langenbacher Energieversorger den Mangel über seinen eigenen Bilanzkreis aus – und zwar ausschließlich mit ebenfalls physikalisch gekoppeltem Ökostrom, der aus Wind-, Wasser- und Sonnenenergie sowie aus fester Biomasse gewonnen wird. Damit ist ganzjährig und witterungsunabhängig garantiert, dass die von „Goerg & Schneider“ benötigten Strommengen jederzeit als echter Ökostrom zur Verfügung stehen (und nicht nur kaufmännisch-bilanziell „auf dem Papier“) – gleich, ob er gerade im Solarpark entsteht oder aus den anderen Quellen kommt.

Umgekehrt ist „MANN Naturenergie“ in der Lage, einen etwaigen Überschuss aus den Solarzellen der Energie-Genossenschaft aufzunehmen und über den eigenen Bilanzkreis an andere Kunden weiterzuleiten. Das ist eine sinnvolle Lösung, denn der Solarstrom wird schließlich nicht immer in exakt der Minute bei „Goerg & Schneider“ gebraucht, wenn er gerade anfällt beziehungsweise nicht die komplette Menge – am Wochenende zum Beispiel, wenn die Sommersonne zwar kräftig auf die nahe Sieg und ebenso die 8.000 Module der Genossenschaft scheint, doch die Anlagen im Werk in Boden ruhen.

Schwankungen bei der Stromerzeugung in Wissen werden demnach in Momenten der Überproduktion ebenso wie in Phasen des Mangels von MANN ausgeglichen. „Wir wollen mit diesem Projekt in gewisser Weise auch einen Startschuss geben“, betont Markus Mann. So könnten künftig zahlreiche Unternehmen von ähnlichen Kooperationen, von solchen PPA, profitieren. „Ganz gleich, ob sie die PV-Anlage auf dem eigenen Dach mit direktem Kabel zu ihren Stromverbrauchern haben und eine Restmenge übrig ist, die sinnvoll genutzt werden soll. Oder die Variante, wie wir sie hier haben: Die Anlage steht etwas entfernt, der Strom geht über das öffentliche Netz und landet am Ende beim Kunden und wird auf die Viertelstunde genau bilanziell abgerechnet.“

„Wir sind ein energieintensiver Betrieb, der knapp vier Millionen kWh Strom im Jahr benötigt“, entgegnet Florian Goerg auf die Frage, warum sich das Unternehmen zum Vertragsschluss mit „Maxwäll“ und „MANN Naturenergie“ entschieden habe. „Zum einen sind wir auf die Versorgungssicherheit angewiesen, aber ebenso auf die Wirtschaftlichkeit der nachhaltigen Nutzung regionaler Energie.“

Gerd Stein bekam seine erste private Photovoltaik-Anlage 2003, wie er erzählt. „Da war ich infiziert.“ Er baute vier Anlagen selbst! Ursprünglich habe er mit einigen Gleichgesinnten Windräder zur Stromerzeugung aufstellen wollen. „Doch wegen der Naturromantiker hat das nicht funktioniert“, führt der als Lokführer Arbeitende aus. „Ich wollte nie Vorstand der Genossenschaft werden – es ist viel Stress, zuweilen schlaflose Nächte“, zwinkert er. Den Job bei der Bahn hat Stein inzwischen auf eine halbe Stelle reduziert, um sich mehr um den Strom aus Sonne kümmern zu können.

„Ich kann vieles, aber nichts richtig“, lacht er und berichtet, dass er sich mitunter ebenso selbst um die Buchführung gekümmert, doch genauso Wechselrichter in Solarparks ausgetauscht habe. „Im ersten Park der Genossenschaft habe ich sieben Kilometer Kabel erneuert!“ Er wolle nicht so sein, wie andere, die sich in Umweltbewegungen organisieren „und nur sagen: ‚Dat will ich nicht, dat will ich nicht‘ – aber Alternativen schaffen sie keine. Auf die Straße gehen und demonstrieren, ist einfach! Uns geht es darum, selbst Veränderungen herbeizuführen.“ So wie jetzt beim Vertrag mit der Firma „Goerg & Schneider“, die den Genossen den Strom zum garantierten Preis abnehmen und damit zugleich die Energiewende voranbringen.

Schafe halten das Gras auf der von der Stadt Wissen gepachteten Fläche kurz.

Unterhalb der Böschung, über der die Photovoltaik-Module des „Solarparks Bornscheidt“ gerade tausendfach in der Sommersonne blitzen, donnert ein Zug auf der Sieg-Strecke vorbei. So, wie die Bahn Köln mit Siegen verbindet, fungiert „MANN Naturenergie“ bei diesem PPA als Brücke zwischen den stromerzeugenden Energie-Genossen und der „stromhungrigen“ Produktion der Ton-Verarbeiter – sogar über die Grenze der Kreise Altenkirchen und Westerwald hinweg. Und während auf bundespolitischer Ebene seit Monaten gestritten wird, welche Schritte zur Energiewende gangbar sind, sagt Florian Goerg über das neue Projekt, bei dem sein Unternehmen mit MANN und „Maxwäll“ kooperiert: „Es hat keine vier Wochen gedauert, da hatten wir diese für alle Seiten gewinnbringende Lösung schon gefunden und fest vereinbart.“

Uwe Schmalenbach

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Kein einziges Thema war nicht spannend

Axel Weiß ist Redakteur beim Südwestrundfunk. Er arbeitet in der Fachredaktion Umwelt und Ernährung des SWR und ist als Moderator der Natur- und Umweltsendung „natürlich!“ tätig. Mit dem studierten Biologen und Medienwissenschaftler sprach Uwe Schmalenbach über die Präsenz von Klimaschutzthemen im TV.

Vor den Dreharbeiten wird Axel Weiß (links) von Tonmann Solaiman Kabir mit einem Mikrofon und Sender „verkabelt”. Fotos: Schmalenbach



Was ist der Grund, dass der SWR heute hier in den Westerwald gekommen ist, um über die Bahn-Reaktivierungspläne der „Westerwälder Holzpellets“ (WWP) einen Beitrag zu drehen?

Unser wöchentliches Natur- und Umweltmagazin „natürlich!“. Wir sind zwischen Eifel und Bodensee unterwegs und gucken nach Themen, die in irgend einer Form für unsere Zuschauenden interessant sind aus den Bereichen Natur, Landwirtschaft, Umwelt. Da ist die Reaktivierung von Bahnstrecken, Klimaschutz durch Verlagerung von Transporten zurück auf die Schiene ein großes Thema, finde ich!



Warum?

Es gibt nach meiner Beobachtung sehr viele Defizite, vor allem in Rheinland-Pfalz. Ich finde es ganz spannend, dass hier der Versuch unternommen wird, die Bahn wieder stärker in den Gütertransport einzubinden – das ist uns allemal einen Bericht wert.



Befasst ihr Euch im Vorfeld eines Drehs intensiv mit dem Thema oder geht ihr einfach hin nach dem Motto „Wir gucken mal, was wir da vor Ort vorfinden?“

Ich muss mich natürlich schon im Vorfeld damit beschäftigen. Denn es ist immer die Frage, mit welchem Fokus man an ein solches Thema herangeht. Was für Details gibt es? Man hat natürlich ebenso mit unterschiedlichen Interessen zu tun, und die sind nicht immer deckungsgleich. Hier ist es ganz wichtig, einigermaßen den Überblick zu haben, was der Hintergrund einer solchen Aktion ist.



Du bist ein „Gesicht der Sendung“ und präsentierst die unterschiedlichsten Inhalte. Gibt es Themen, die dich persönlich stärker interessieren und andere vielleicht weniger?

Das bleibt überhaupt nicht aus, dass man seine eigene Sichtweise einbringt; das ist auch kein Fehler. Ich finde halt Transparenz ganz wichtig, dass man deutlich macht, wo man steht und wie man solche Dinge sieht. Wobei: Ich mache das jetzt seit neuneinhalb Jahren, und es gab noch kein einziges Thema, das ich nicht spannend gefunden hätte! Manche Dinge erschließen sich ja auch erst dadurch, dass man sie aufgreift. Man arbeitet sich hinein, spricht mit den Leuten, die sich engagieren, und denkt: „Wow, das ist ein spannendes Kapitel, weil viel mehr dranhängt, als man zunächst geglaubt hatte.“



Also kann es passieren, dass du im Rahmen einer Reportage eine ganz andere Meinung zu etwas bekommst?

Ja klar! Ich bin ja schon vom Job her gehalten, offen zu sein für sämtliche Informationen egal von welcher Seite. Meine Aufgabe ist es, sie einzuordnen und daraus meine Schlüsse zu ziehen und sie entsprechend wiederzugeben. Es gab schon Fälle, da habe ich „bei A“ angefangen und bin am Ende bei K und L und M gelandet, was ich selber nicht gedacht hätte.



Und heute ist das Thema doch sicher ebenfalls sehr spannend für dich, oder?

Ich finde es ausgesprochen spannend – weil ich es ehrlich gestanden für eine Katastrophe halte, wie wir zugelassen haben, dass ein funktionierendes, klimafreundliches Verkehrsmittel wie die Bahn seit 1992 durch die absehbar gescheiterten Privatisierungsbemühungen systematisch kaputt gemacht worden ist. Die Bahn könnte heute einen ganz anderen Stellenwert haben; wir wären dankbar für die einhergehenden Klimaschutzeffekte. Nur: Es sind viele Strecken komplett verschwunden, andere sind „nur“ stillgelegt worden. Ansonsten ist die Gesamt-Bahn in einem völlig maroden Zustand; und der Bundestag hat zugesehen, die Verkehrsminister haben das mitgestaltet. Da kann ich einfach nur die Hände über dem Kopf zusammenschlagen als Umwelt-Journalist und sagen: „Wie konnte man das wider besseren Wissens so zulassen?“ Umso wichtiger finde ich, dass man an den Stellen, wo man noch etwas ändern kann – so wie hier –, Bahnstrecken tatsächlich wieder nutzt!



Weshalb?

Bei den Dreharbeiten lässt sich der SWR-Journalist auch das derzeitige Ende der Bahnstrecke zwischen der Rosenheimer Lay und Elkenroth zeigen.

Nur so können sie eine wichtige Rolle spielen in unserem Kampf gegen die Klimakrise. Und was ich an Plänen gesehen habe zu dem, was Markus Mann vor hat – nämlich die Nutzung und Erweiterung der Bahnstrecke in Richtung seines Sägewerkes – finde ich sehr plausibel und nachvollziehbar und im Hinblick auf mehr Klimaschutz eine gute Sache. Das ist zumindest das Bild, das ich als Umwelt-Journalist von außen betrachten kann. Ich wüsste nicht, was gegen das Vorhaben spricht. Insofern würde ich mir noch mehr solche Beispiele wünschen.



Haben wir als Medien das Thema Klimaschutz generell und gerade solche Beispiele, wie wir es hier bei der „Westerwaldbahn“ sehen, zu lange vernachlässigt? Beziehungsweise waren solche Themen in den letzten zehn Jahren ausreichend repräsentiert in den Programmen und Zeitungen?

Ich denke, wenn man sich anguckt, was in den großen Leitmedien an Themen und in welchem Umfang behandelt wird, dann ist der Klimawandel, die Klimakrise und ihre Konsequenzen etwas, das erst in jüngerer Vergangenheit – nachdem die Folgen wie zum Beispiel mit unseren sterbenden Wäldern unübersehbar geworden sind – wirklich breit in den Fokus genommen worden ist. Es gab natürlich einige Medien, die das stärker thematisiert haben. Und in unserer SWR-Umweltredaktion gab es Journalisten, die haben schon vor 30 Jahren über den nötigen Klimaschutz berichtet. Aber dass das Thema in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist, ist noch nicht so ganz lange der Fall. Und an diesem dicken Brett ist noch immer viel zu bohren, da sind wir bei weitem noch nicht da, wo wir sein müssten. Denn die Folgen sind wirklich dramatisch, und das werden unsere Enkel ausbaden müssen. So wie sie jetzt schon, in anderen Teilen des Planeten, Menschen ganz konkret ausbaden. Deswegen finde ich solche Aktionen wie hier, wo konkret etwas passiert, so wichtig.

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Begrüßung auf dem Bahnsteig

Die Dreharbeiten sind aufwendig, nehmen recht viel Zeit in Anspruch. Den ganzen Tag über ist das Team des Südwestrundfunks (SWR) mit Markus Mann unterwegs: Scheuerfeld, Steinebach, „Schwedengraben“, Bindweide, Rosenheimer Lay, Weitefeld und schließlich das WWP-Firmengelände in Langenbach sind die Stationen, die die Fernsehleute besuchen und an denen sie Szenen für ihren geplanten Beitrag des Magazins „natürlich!“ filmen. Der greift die Pläne der „Westerwälder Holzpellets“ (WWP) auf, die entwidmete Strecke der „Westerwaldbahn“ über den Bahnhof Rosenheimer Lay hinaus zu reaktivieren, um darauf im Sägewerk des Unternehmens benötigtes Rundholz per Zug zu transportieren.

Kamerafrau Tarja Kühne dreht das Eintreffen des Holzzuges am Bahnhof Bindweide.

Der Bahnhof Bindweide ist heute ein moderner Betriebshof der „Westerwaldbahn GmbH“, die dort Werkstatt und Waschstraße für Busse und Schienenfahrzeuge sowie Büros betreibt. Auf den Gleisen neben den Gebäuden kommt – beobachtet und eifrig fotografiert von einer Handvoll „Train Spottern“ – gerade eine rot-schwarze Lok der Baureihe 215 an. „Für Steilstrecken zugelassen“, steht an der Seite der gut 16 Meter langen Zugmaschine. Im Schlepptau hat sie zwei Rungenwagen, die mit Rundholz für die „Westerwälder Holzpellets“ (WWP) beladen sind. Die Lok hält an, aus dem Führerstand steigt „natürlich!“-Moderator Axel Weiß aus und wird vom ihn bereits am „Bahnsteig“ erwartenden Markus Mann begrüßt…

Die (gestellte) Szene ist eine des am Ende zwischen sieben und acht Minuten langen Films der Sendung, laut ARD-Selbstdarstellung „das Umwelt- und Naturmagazin für den Südwesten – macht Lust auf Natur, bietet faszinierende Einblicke, gibt nützliche Tipps und beschäftigt sich auch mit dem, was unser Ökosystem bedroht.“

Mit Philippe Lamielle (links) sucht Redakteur Henning Winter den richtigen Blickwinkel für die kleine Kamera, die außen an der Lok befestigt werden soll.

Der Klimawandel, verursacht vom viel zu hohen Ausstoß an CO2, ist zweifelsohne eine ökologische Bedrohung. Das Vorhaben der WWP, Rundholz deswegen künftig nicht mit Lastwagen, sondern auf der Schiene zum firmeneigenen Sägewerk liefern zu lassen, gilt als Klimaschutzmaßnahme, da der Transport per Lkw siebenmal mehr CO2-Ausstoß bedeutet als der mit dem Zug (die „Wäller Energiezeitung“ berichtete).

Nein, geeignete Inhalte für „natürlich!“ zu finden, sei grundsätzlich überhaupt nicht schwer, erläutert Henning Winter, Redakteur der Sendung und Teil des Teams im Westerwald. Und auch, wenn die in „natürlich!“ aufgegriffenen Themen wie der Klimawandel einen ernsten Hintergrund haben, sei es wichtig, dass die filmische Umsetzung stets attraktiv und optisch toll sei: „Was bringt es, wenn die Leute abschalten, weil ein Beitrag langweilig ist?“, gibt Winter zu bedenken. „Dann bekommen wir die Botschaft ja nicht rüber!“ Zudem sei „natürlich!“ letztlich auch ein Unterhaltungsformat.

Für dieses ist eine Kernmannschaft von etwa 30 Menschen beim SWR aktiv. Hinzu kommen Kamera- und Tonleute (die häufig als „Freie“ tageweise für die jeweiligen Beiträge gebucht werden) sowie „Cutter“, die den Schnitt des Rohmaterials erledigen.

Julian Cleff ist beim Beitrag über das Bahnprojekt der WWP als Tontechniker dabei, Philippe Lamielle als Kameramann, seine Kollegin Tarja Kühne als Kamerafrau, Tonmann und Kameraassistent Solaiman Kabir komplettiert das Team. Zusammen mit Moderator Weiß und Redakteur Winter diskutieren sie den ganzen Tag über immer wieder Details der richtigen Einstellung, die Inhalte der Gespräche, die der Moderator mit Markus Mann führen oder wo genau die Lok der 215er-Baureihe anhalten soll, wenn Axel Weiß aussteigt. Wohin kommt die anklebbare „GoPro“-Kamera? Besser oben auf einen der Holzwaggons oder lieber seitlich an die Lok, um eine spannende Perspektive zu erzielen?

Henning Winter schildert, dass die Fernsehmacher aufgrund der heute sehr umfangreichen Medienforschung recht gut wissen, was der Zuschauer mag. Gleichwohl räumt der SWR-Redakteur ein, dass es trotz aller Daten immer wieder Überraschungen gebe. Zudem stammen die „natürlich!-Beiträge aus beiden Bundesländern, in denen der SWR als öffentlich-rechtlicher Landessender zuständig ist. „Die Erfahrung ist, dass es Themen gibt, die in beiden Bundesländern gut funktionieren, der Borkenkäfer oder der Wolf zum Beispiel“, führt Winter aus. Dann wieder gebe es Inhalte, die nur in manchen Regionen Anklang finden.

Damit die fertige „natürlich!“-Folge, in der das WWP-Bahnprojekt vorgestellt wird, ebenfalls ein Thema aus Baden-Württemberg enthält, reisen die Fernsehmacher zwei Tage nach den Dreharbeiten im Westerwald nach Baden. Dort soll es um die Waldschnepfe gehen, die als einziger heimischer Watvogel nicht Gewässernähe, sondern Wälder als Lebensraum bevorzugt.

Irgendwie schließt sich da ein Kreis, denn der Wald, beziehungsweise die durch Trockenheit und Borkenkäfer verursachten Schäden dort liefern ja überhaupt erst den Anlass, dass die WWP den Rohstoff Holz inzwischen aus größerer Entfernung als früher beziehen müssen. Und das künftig eben am besten per Eisenbahn.

Uwe Schmalenbach

(Die Ausgabe der Sendung „natürlich!“, in der der Bericht über das Vorhaben zur Reaktivierung der Bahnstrecke zu sehen ist, wird am 16. Mai 2023, 18.15 Uhr, im SWR gezeigt.)

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Themenschwerpunkt „Energie-Drehscheibe Dreiländereck“

Die benötigte Technik gibt es schon, sie funktioniert zuverlässig: Am Firmensitz von „MANN Naturenergie“ und den „Westerwälder Holzpellets“ (WWP) wurden in dem grauen Container 112 „second-life“-Batterien zu einem Großspeicher für Strom zum Beispiel aus diesen Solarzellen zusammengeschlossen. Er bietet 1,4 Megawattstunden Kapazität und arbeitet Tag für Tag perfekt. Diese guten Erfahrungen wollen Markus Mann und sein Team auf den „Siegerland Flughafen“ übertragen und dort mithelfen, eine „Energie-Drehscheibe Dreiländereck“ entstehen zu lassen.


Liebe Leserinnen und Leser,

die neue Frühjahrsausgabe der „Wäller Energiezeitung“ hat einen Themenschwerpunkt: Sie widmet sich der Idee, den „Siegerland Flughafen“ zur „Energie-Drehscheibe Dreiländereck“ umzubauen. Wir möchten gerne aufklären zu allen Hintergründen und auch die Frage beantworten, ob so ein Vorhaben sinnvoll ist und technisch wie finanziell überhaupt gelingen kann.

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Aufgeladen zurück in den Westerwald

Das Heizhaus in Düsseldorf wird mit umweltfreundlichen Westerwälder Holzpellets betrieben. Wenn Fahrer Maik und seine Kollegen dort für Nachschub sorgen wollen, haben sie bislang einen der noch vorhandenen Diesel-Lkw genommen. Denn die Strecke nach Düsseldorf ist vergleichsweise weit weg vom Firmensitz, die „Westerwälder Holzpellets“ (WWP) versorgen sonst bewusst Kunden „rund um den eigenen Kirchturm“. Inzwischen ist es aber kein Problem mehr, einen der neuen elektrischen WWP-Laster einzusetzen – und dennoch sicher zurück in den Westerwald zu kommen.

Grund dafür ist das neue Schnellladenetz von „Aral“. Deren E-Mobilitäts-Marke „Aral pulse“ hat nämlich Anfang des Jahres einen Korridor von Ladestationen in Betrieb genommen. In diesem liegen Ladestationen mit einer Leistung von je 300 Kilowatt in Schwegenheim, Bensheim, Rüsselsheim, Rheinböllen, Düsseldorf und Dortmund. Auch Köln und Bad Honnef sollen solche Geräte bekommen.

Damit wolle man über 600 Kilometer des stark befahrenen Rhein-Alpen-Korridors elektrifizieren, der unter anderem die Großräume Rhein-Neckar und Rhein-Main mit der Metropolregion Rhein-Ruhr verbinde, erläutert „Aral“-Mitarbeiter Peter Kretzschmar im Gespräch mit der „Wäller Energiezeitung“. Zuvor sei es für Lkw-Fahrer schwierig gewesen, ihre Fahrzeuge unterwegs aufzuladen. Dies gehe zumeist nur an Ladesäulen auf dem eigenen Betriebsgelände. „Das ist genau der Paradigmenwechsel, den dieser Ladekorridor ermöglicht. Das Laden von Elektro-Lkw wird bereits durchgeführt – allerdings immer nur im Binnenverkehr: Morgens fahre ich mit meinem vollgeladenen Laster weg, mache Auslieferungen in der Stadt oder in der Region und fahre abends wieder zum Hof und lade. Der Korridor ermöglicht jetzt erstmalig auch Langstreckenverkehr mit E-Lkw.“

Bei diesen 300-KW-Ultraschnellladesäulen handele es sich um „die schnellsten, die es im Moment auf dem Markt gibt“, erklärt Kretzschmar. Die technische Entwicklung sei so rasant fortgeschritten, dass nun die Dekarbonisierung des Schwerlastverkehrs mit Elektromotoren möglich sei: „Man hat ja vor vielen Jahren noch gesagt, das sei eher eine Sache, die nur im Pkw-Bereich machbar wäre – Lkw seien zu schwer, um mit E-Mobilität betrieben zu werden.“ Diese Einschätzung habe sich geändert.

In Düsseldorfs Münchener Straße können E-Lkw mit bis zu 300 KW sehr schnell geladen werden.

Aber ein Mineralölunternehmen und Elektromobilität – wie passt das überhaupt zusammen? „Aral“-Mutterkonzern „BP“ beabsichtigt, bis 2050 klimaneutral zu werden. Ein solches Vorhaben erfordere ebenso ein entsprechendes Energie-Angebot für Konsumenten – noch dazu, wenn diese es stark nachfragen, führt Kretzschmar aus: „Dem E-Auto gehört die Zukunft. Die gesetzlichen Regelungen, die in letzter Zeit erlassen worden sind, sprechen da eine eindeutige Sprache.“

Wenn künftig Pelletnachschub im Düsseldorfer Heizhaus gebraucht wird, können Maik und Kollegen auch diese Strecke ohne CO2-Ausstoß unterwegs überwinden und einfach einen ihrer neuen Elektro-Lkw einsetzen: Vor der Rückfahrt geht es bei Bedarf an den 300-KW-Lader. Er liegt passenderweise nur wenige Minuten von der Frankfurter Straße entfernt, in der sich das Heizhaus befindet – nach 15 bis 20 Minuten sollte Maik dort genug Strom getankt haben, um ausreichend aufgeladen zurück in den Westerwald zu kommen.

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Erfolgsmodell im Süden Düsseldorfs

„Durch die Inbetriebnahme des Pelletheizhauses kamen wir über die Schwelle von 50 Prozent erneuerbare Energien bei der Wärmeversorgung im Netz“, schildert Uwe Schließer und blickt auf den 18 Meter hohen, silbrig in den Frühlingshimmel blitzenden Schornstein der Anlage. Schließer ist bei der „Netzgesellschaft Düsseldorf“, einer Tochter der örtlichen Stadtwerke, Gruppenleiter im Bereich Heizkraftwerke und Energiedienstleistung. Die Stadtwerke haben das Heizhaus von „MANN Naturenergie“ aufstellen und betreiben lassen. Zehn Jahre ist das nun her – und seither wurden darin im Schnitt 750 Tonnen Holzpellets pro Jahr eingesetzt, um heißes Wasser für das Fernwärmenetz in Düsseldorf-Garath zu erzeugen. Gegenüber der Verwendung von Braunkohle wurden (laut Emissionsbilanz des Deutschen Pelletinstituts) so rund 14.500 Tonnen CO2 vermieden.

Bewährt sich seit zehn Jahren: das MANN-Heizhaus in Düsseldorf.

Die Wohnungsnot in Düsseldorf war groß in den 1950er-Jahren. Der Wiederaufbau nach dem Krieg befand sich in einer Hochphase, doch intakte Unterkünfte gab es weiterhin zu wenig. Darum wurde im Düsseldorfer Süden der komplett neue Stadtteil Garath konzipiert, der in 8.000 Wohnungen Platz für über 30.000 Menschen schaffen sollte. Buchstäblich auf der bis dahin „grünen Wiese“, mit einem Heizkraftwerk in der Mitte, die Wohnanlagen drumherum gruppiert und allesamt über ein Fernwärmesystem damit verbunden.

Bis heute ist es so, dass letztlich in jedem Heizkörper des Stadtteils warmes Wasser die Stube wärmt, das im Garather Kraftwerk „gekocht“ wird. Ein zweiter Vorlauf in Richtung der Behausungen speist zudem Pufferspeicher in deren Kellern für die Warmwasserversorgung.

Ursprünglich verfeuerten die Stadtwerke dazu Kohle, inzwischen wurde sie durch Gas abgelöst (der Einsatz von Heizöl ist weiterhin möglich). „Vier Heißwasserkessel im Kraftwerk leisten insgesamt 100 Megawatt (MW)“, erklärt Uwe Schließer. Mit dieser „Power“ seien je Stunde 1,5 Millionen Liter Wasser für die Raumheizungen und weitere 300.000 Liter für die Trinkwassererwärmung in Garath aufheizbar.

Uwe Schließer erläutert das Fernwärmenetz.

Um die Umweltbilanz des Kraftwerkes zu verbessern, wurde 2007 ein ergänzendes Biomasse-Heizkraftwerk an jener Stelle gebaut, an der sich einst das Kohlehaus befand. Im Biomasse- Heizkraftwerk wird Altholz genutzt, es produziert Wärme, die für etwa 40 Prozent des Bedarfs in Garath ausreicht.

Übrigens: Schufteten früher um die 60 Beschäftigte in der mit Kohle betriebenen Anlage, um stets genug „Dampf auf dem Kessel“ zu haben, sind es nunmehr lediglich vier Mitarbeiter in der Kraftwerkswarte, ein Meister und drei Kraftwerker. An Wochenenden sowie nachts läuft die Anlage „mannlos“; ein Team im ebenfalls den Stadtwerken Düsseldorf gehörenden Heizkraftwerk Lausward überwacht sie dann aus der Ferne.

Aus der Ferne wurde auch in den gesamten zehn Jahren das Pelletheizhaus kontrolliert – aus Langenbach bei Kirburg, wo „MANN Naturenergie“ sitzt. Denn das Unternehmen hat die Anlage betrieben und seine jährlich bis zu 5.000 Megawattstunden Wärmeleistung im Rahmen eines „Contractings“ an die Stadtwerke Düsseldorf geliefert: MANN erhitzt im Düsseldorfer Pelletheizhaus Wasser auf 80 bis 100 Grad und übergibt es an das Fernwärmenetz in Garath. Abgerechnet wird bei diesem Modell die Menge des „verkauften heißen Wassers“, das dann zusammen mit den mittels Gas und Altholz erwärmten Mengen in die Garather Wohnungen strömt.

Fernwärme erfreue sich in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt einer enormen Nachfrage, berichtet Uwe Schließer: „Die Netze sind derzeit ausgereizt! Fernwärme verkauft sich wie ‚geschnittenes Brot‘, die Kunden haben starkes Interesse an dieser Wärmeart.“ Grund dafür sei, dass es etwa Vermietern und Hauseigentümern, die Heizungen in ihren Gebäuden betreiben, damit sehr bequem gemacht werde: Ganz gleich, welche gesetzlichen Vorschriften schon herrschen im Heizungskeller oder noch kommen werden (wie das Verbot, neue Ölheizungen einzubauen) – für deren Einhaltung ist bei dem Fernwärmemodell stets derjenige zuständig, der das warme Wasser erzeugt. Also die Stadtwerke. Für den Vermieter ändert sich nichts – ganz gleich, ob die Stadtwerke in ihren Kraftwerken Gas, Altholz oder Pellets nutzen oder künftig noch ganz andere Erzeugungsarten einsetzen könnten wie zum Beispiel Tiefengeothermie.

Hier wurde Platz für 30.000 Menschen geschaffen.

Das Fernwärmenetz in der Großstadt am Rhein ist etwa 280 Kilometer lang. Nun soll es verdoppelt werden, da die Nachfrage so groß ist. Als einen nächsten Schritt will die „Netzgesellschaft Düsseldorf“ es von Garath aus über den Stadtteil Benrath bis zum Chemie-Konzern Henkel verlängern. Dort soll Abwärme bezogen werden und im Fernwärmenetz Wärme aus den Gas-Öl-Kesseln in Garath weiter verdrängen helfen (um so perspektivisch die Gas-Wärme auf 20 Prozent Anteil zu drücken). Hierfür gibt es in der Garather Anlage schon entsprechende Systeme, die heißes Wasser nicht nur in Richtung der Wohnungen abgeben, sondern über einen Bypass eben auch zusätzliche Wärmeenergie, die von einer sechs Kilometer entfernten Wärmeübergabestation bei Henkel kommt, importieren können.

Die „Wohnstadt Garath“ wurden nach dem nahen Schloss Garath benannt und ab 1961 gebaut.

Über diese Wärmeleitung kommt künftig die Henkel-Abwärme ins Kraftwerk.

54,7 Prozent der Wärmeenergie in Garath ist aber heute schon „grün“. Durch den Einsatz von regenerativen Brennstoffen wie dem Altholz und den Holzpellets wird dort aktuell ein Primärenergiefaktor von 0,44 erreicht. Dieser soll noch auf 0,22 sinken, stellt Schließer in Aussicht. Der Wert gibt Orientierung darüber, wie viel „Ausgangs-Energie“ benötigt wird und berücksichtigt dabei den Energieverlust, der bei der Gewinnung, Umwandlung und Verteilung eines Energieträgers jeweils entsteht. Je umweltschonender die Energieform und ihre Umwandlung, desto niedriger ist der Primärenergiefaktor. Zum Vergleich: Beim ausschließlichen Einsatz von Kohle beträgt er, je nach Berechnung, eins bis 1,2, während Solar- und Windenergie einen Primärenergiefaktor von null haben – mit 0,44 beziehungsweise perspektivisch nur 0,22 liegen die Stadtwerke Düsseldorf in Garath also schon recht gut.

Uwe Schließer erzählt, dass es mit dem Pelletheizhaus in den zehn Jahren, in denen es in Garath arbeitet, keinerlei Probleme gegeben habe, technisch immer alles glatt gelaufen, die Anlage nie ungeplant ausgefallen sei: „Es ist ein Erfolgsmodell.“ Schließer lässt den Blick abermals über das Heizhaus und den blanken Edelstahlkamin vor dem frühlingsblauen Himmel wandern. Den Vertrag mit MANN, dem Energielieferanten aus dem Westerwald, haben die Stadtwerke der Landeshauptstadt gerade um drei Jahre verlängert.

Uwe Schmalenbach

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Die Heimat in Südafrika repräsentieren

Obschon „MANN Naturenergie“ ein bewusst regional tätiges Unternehmen ist – das „MANN-Strom“-Logo wird dennoch Anfang März über 10.000 Kilometer vom Westerwald entfernt zu sehen sein. Dann nämlich startet Christian Geimer im Trikot der von MANN unterstützten „MANNschaft e. V.“: Der 30-Jährige will sich in Südafrika für die Weltmeisterschaft der Triathleten qualifizieren.

Christian Geimer trägt das Logo von „MANN Strom“ von Hachenburg aus auf den afrikanischen Kontinent.

Vor kurzem ist der aus Atzelgift bei Hachenburg stammende Sportler mit seinem Vater für zehn Tage im Trainingslager auf Lanzarote gewesen, um sich auf den bedeutsamen Wettbewerb vorzubereiten. „Es geht im Trainingslager im Prinzip darum, fern der Heimat vom Alltag abzuschalten und sich nur auf das Wesentliche zu konzentrieren – trainieren, regenerieren, gut essen und viel schlafen; Kraft schöpfen für das Bevorstehende eben“, erläutert Geimer. „Am 28. Februar geht es nach Südafrika, und am 5. März findet der Wettkampf statt.“

Ein Erinnerungsfoto aus dem Trainingslager auf Lanzarote vor der Kulisse des Atlantischen Ozeans. Foto: privat

Bei diesem wird der Westerwälder in Port Elizabeth auf der „Langdistanz“ starten. Das bedeutet, dass er zunächst 3,8 Kilometer im Indischen Ozean schwimmen muss, danach 180 Kilometer Rad fahren, aufgeteilt in zwei Runden à 90. Am Ende gilt es, einen 42 Kilometer langen Marathon zu absolvieren. Gelingt es dem Athleten, dabei auf eine der vorderen Platzierungen in seiner Altersklasse „M 30“ zu kommen – voraussichtlich wird es dafür sieben bis zehn Plätze geben –, qualifiziert er sich für die Triathlon-Weltmeisterschaften 2023, die in diesem Jahr (am 11. September) erstmals im südfranzösischen Nizza ausgetragen werden.

Zum Kummer des Sportlers wurde der Wettstreit nach Frankreich verlegt, muss man ergänzen. Christian Geimer hatte daraufhingearbeitet, sich beim legendären „Ironman“ auf Hawaii zu messen. „Das war mein Lebenstraum seit knapp 20 Jahren… Es gab in der Szene erheblichen Aufruhr wegen der Verlegung“, schildert er. Hintergrund sei, dass der Veranstalter vormals die Zahl teilnehmender Männer und Frauen auf etwa 2.400 Aktive begrenzt hatte und inzwischen aus finanziellen Gründen 5.000 Startplätze vergibt.

Abgesehen von den vom Kommerz getriebenen WM-Neuerungen des Veranstalters: Christian Geimer musste sein Leben sehr strikt organisieren, um in Südafrika antreten zu können. Zum Interview kommt er von einem Schwimmtraining im Hachenburger „Löwenbad“, bei dem dreimal 1.000 Meter im Wettkampftempo zu überwinden gewesen sind. Im Anschluss an das Pressegespräch kümmert sich Geimer wieder für drei, vier Stunden im Büro um seinen Job, ehe er abends für zwei weitere Trainingsstunden mit dem Rad auf einem Rollentrainer strampeln wird.

Zu den insgesamt 20 Trainingsstunden wöchentlich kommen zehn auf einem Trainerposten in der „MANNschaft“. Daneben hat der Familienvater einen zweijährigen Sohn, vor zwei Jahren seinen Master in Vertriebsmanagement abgeschlossen und versieht nunmehr einen Vollzeitjob in der Geschäftsleitung von „Möbel Hüsch“ in Atzelgift als Broterwerb. Viel Raum ist daneben wohl nicht mehr übrig. Der Sportler nickt: „Ja, doch nach der Vorbereitung auf die Langdistanz bleibt dann wieder mehr Zeit für andere Dinge, das Sozialleben“, erklärt Christian Geimer. Die letzten fünf bis sechs Monate allerdings standen erst einmal ganz in deren Zeichen.

Den Trainingsplan einzuhalten und mit dem übrigen Leben in Einklang zu bringen, erfordert viel Organisationstalent von dem 30-Jährigen. Fotos: Schmalenbach

Zwischen acht und zwölf Stunden wird der Wettkampf Anfang März dauern. Der Triathlon in Südafrika stellt zugleich die Kontinentalmeisterschaft für Afrika dar. „Selbstverständlich“ gehe er dort im Trikot der „MANNschaft“ an den Start, betont Christian Geimer. Das werde zudem das Signet eines Elektroherstellers sowie der in Hachenburg beheimateten „Westerwald-Brauerei“ zieren. „Man freut sich, dass man in so einem fernen Land seine Sponsoren aus der Heimat repräsentieren darf“, strahlt der Westerwälder Triathlet.

Henk van Heerden

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„Vorteile wie wir haben nur wenige Azubis“

Deutsch konnten die beiden schon bemerkenswert gut, ehe sie sich aufmachten – in ein weit entferntes und für sie völlig fremdes Land. Vor dem Abflug aus Ecuador, bevor sie den zwölfstündigen Flug von Guayaquil nach Amsterdam und die Weiterreise nach Langenbach bei Kirburg antraten, hatten sie „ein Interview mit Markus“, berichtet Luis Alfredo Mata Torres, „quasi ein Vorstellungsgespräch per Video.“ Danach fiel die Entscheidung: Er und Pedro Ricardo Martínez Escobedo wollten gerne in den Westerwald kommen, um hier, bei den „Westerwälder Holzpellets“ (WWP) und bei „MANN Naturenergie“, eine Ausbildung zum Elektroniker für Betriebstechnik zu absolvieren.

Luis‘ Eltern waren mit dem Gedanken, dass der Sohn für immer nach Deutschland gehen könnte, vertraut: Seine Schwester ist schon vor Jahren in die USA übergesiedelt, „so dass meine Eltern an eine solche Situation gewöhnt sind.“ Fotos: Schmalenbach

Die beiden jungen Männer sind überaus fröhliche, höfliche Zeitgenossen und sehr glücklich, wie sie hervorheben, dass sie die Chance zu einem solchen Start in eine solide Berufslaufbahn im Norden von Rheinland-Pfalz erhalten. Vermutlich auch deswegen hört man von ihnen keine einzige kritische Silbe über ihre neue Heimat.

Gleichwohl kann man sich unschwer ausmalen, wie groß der Kulturschock beim Eintreffen in unserem Land zunächst gewesen sein könnte: eine fremde Landschaft, ein völlig anderes, erheblich kälteres Wetter, Dialekte in einer ohnehin ungewohnten Sprache, deren plattdeutsche Begriffe sich manches Mal schon von Weitefeld bis Daaden unterscheiden. In Ecuador gibt es den Amazonas-Dschungel, den Regenwald, den Pazifischen Ozean – hier vom Borkenkäfer zerlegte Fichtenbestände, die Arnika auf der Fuchskaute, den Wiesensee. Während der Westerwald ein sanft gewelltes Mittelgebirge ist, ragt der höchste Berg in Ecuadors Anden fast zehnmal so hoch in den Himmel wie der Stegskopf!

Luis‘ Heimat Guayaquil ist eine pulsierende Hafenstadt. Die Metropole ist die größte Ecuadors und hat inzwischen schätzungsweise über drei Millionen Einwohner – verglichen mit insgesamt 514.000, die in den drei Westerwälder Landkreisen zusammenkommen!

In der WWP-Elektrowerkstatt hat Luis einen Platz, an dem er nach Belieben Schaltungsvarianten zum Üben aufbauen kann.

Anders als Guayaquil, ist Pedros Heimatstadt zwar vergleichsweise klein. In Esmeraldas, im Norden des Andenstaates direkt an der Küste des Pazifiks gelegen, leben gut 150.000 Menschen – mithin jedoch deutlich mehr als im gesamten Kreis Altenkirchen. Die Entfernung zwischen Guayaquil und Esmeraldas beträgt etwa 360 Kilometer (Luftlinie).

Pedro sieht in seiner Ausbildung – hier im Pelletwerk der WWP – eine gute Basis für seinen beruflichen Lebensweg. Foto: WWP

Seit September sind die beiden Ecuadorianer im Westerwald – und fühlen sich überaus wohl. „Es war immer mein Traum, im Ausland etwas zu lernen. Ich finde, diese Gelegenheit ist ein guter Anfang für meinen beruflichen Lebensweg!“, freut sich Luis. „Viele Sachen, die ich hier sehe, sind neu für mich. Hier gibt es Windkraftanlagen, Photovoltaik, alles mit Erneuerbaren: das ist besonders toll! Es ist gut für die Umwelt. Ich bin sehr stolz, hier zu arbeiten! Es ist absolut toll hier“, fügt Pedro an.

Zustande gekommen sind die Ausbildungsverhältnisse über „PAM“, das vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung aufgelegte Programm mit dem ungelenken Namen „Partnerschaftliche Ansätze für entwicklungsorientierte Ausbildungs- und Arbeitsmigration“. Es soll helfen, den inzwischen erheblichen Fachkräftemangel in Deutschland zu bekämpfen.

Ursprünglich habe er viel darüber gegrübelt, ob er den Schritt wirklich wagen, die Heimat verlassen und ins Ausland auf einem anderen Kontinent gehen wolle, räumt Luis ein, der in Ecuador bereits eine Ausbildung und Prüfung zum Elektriker absolviert hatte. „Aber im letzten Jahr vor dem Flug hierher in den Westerwald nicht mehr: da stand mein Entschluss fest.“ Die Erfahrung eines mehrmonatigen USA-Aufenthaltes bestärkte ihn. „Da bin ich gut klargekommen – und habe lange abgewogen, ob ich auf dieser Erfahrung den nächsten Schritt gehen möchte.“

Neun Monate hat der 21-Jährige in seinem Heimatland Deutsch gelernt, zwei Stunden täglich an einer Sprachschule. „Aber es liegt natürlich an jedem selbst“, stellt Luis heraus, „jetzt hier im Westerwald nach der Berufsschule oder Arbeit noch mehr Zeit in das Lernen der Sprache zu investieren.“ Die schon weit fortgeschrittene Integration helfe dabei: Die Azubis treiben mit Kollegen und Nachbarn Sport und sind gerne dabei, wenn es mal eine gemütliche Runde mit einem „Hachenburger“ gibt oder es zum Weihnachtsmarkt geht.

„Es ist ganz anders hier als in Ecuador“, lächelt Luis, „das kann ich sicher sagen. Doch was ich hier sehr schön finde: dass die Leute sehr nett sind!“ Fremdenfeindlichkeit habe er niemals bemerkt. „Bislang hat alles sehr gut geklappt, ich fühle mich wohl hier.“ Das Wetter sage ihm ebenfalls zu, wenngleich er aus Ecuador selbst im Winter Temperaturen um die 17 bis 20 Grad Celsius gewöhnt gewesen sei: „Mir gefällt die Hitze eigentlich gar nicht. Deswegen finde ich es hier im Westerwald ganz angenehm.“ „Bei uns in Ecuador sind es immer über 20 Grad warm gewesen. Als wir hierher kamen, hatten wir dicke Winterjacken an – es waren acht Grad und wir haben schon gefroren“, erzählt Pedro lachend, „aber jetzt habe ich mich daran gewöhnt.“

Apropos Winter: Pedro hatte beim ersten Kälteeinbruch direkt Pech. Als vor einer Weile ein „Glatteis-Montag“ den Norden von Rheinland-Pfalz lahmlegte und selbst gestandene Wäller, wie die Westerwälder sich selbst nennen, lieber daheim blieben, als zur Arbeit zu gehen, trat der pflichtbewusste Auszubildende dennoch aus dem Haus – und hatte bedauerlicherweise noch kein Gefühl dafür, dass es bereits auf dem ersten Meter vor der eigenen Haustür gefährlich glatt sein könnte… Bei einem Sturz zog er sich einen Bruch des Oberschenkels zu, musste umgehend in Koblenz operiert werden und läuft derzeit weiter an Krücken. „Das Krankenhaus war komplett voll mit Menschen, die bei den Witterungsbedingungen ausgerutscht sind“, blickt er zurück.

Insgeheim ärgert sich Pedro sehr, so ist ihm anzumerken, dass er seinem Ausbildungsbetrieb wegen des Unfalls vorübergehend nicht zur Verfügung stehen kann und im März erst noch eine Reha antreten muss – ein bemerkenswertes Pflichtgefühl, das ihn an jenem Morgen ja auch aus dem Haus getrieben hatte.

In diesem Haus leben Luis und Pedro in einer Werkswohnung auf dem Gelände der WWP. Die sei „sehr schön und super praktisch“, strahlt Luis. „Und sehr großzügig: Markus Mann lässt uns hier kostenlos wohnen!“, ergänzt Pedro. Er findet es außerdem wunderbar, dass er mit Luis gemeinsam in der Werkswohnung lebt: „Wir verstehen uns gut. Und wenn ich etwas nicht begreife, dann hilft er mir und umgekehrt. Manches Mal lernen wir nach Feierabend gemeinsam Theorie für die Berufsschule.“

Luis wie Pedro finden es eher praktisch, dass sie auf dem Gelände wohnen, auf dem sie ebenso arbeiten: „Nur eine Minute Arbeitsweg! Das ist cool!“ Pedro unterstreicht: „Herr Mann war sehr nett zu uns, dass er uns diese Wohnung angeboten hat. Das hilft uns viel, denn wir müssen so fürs Wohnen nichts bezahlen und auch keine eigene Wohnung suchen. Ebenso das elektrische Firmenfahrzeug, das wir gratis nutzen dürfen: solche Vorteile wie wir haben nur wenige Azubis!“

Oft essen Pedro und Luis gemeinsam, letzterer kocht in Langenbach. „Ich bin inzwischen ganz gut darin“, sagt Luis. Natürlich vermisse er einige Zutaten, die in Ecuador zu bekommen sind. „Aber es geht: Wenn du Tomaten, Zwiebeln, Knoblauch hast, kannst du schon viele Sachen machen – für mich am liebsten mit Nudeln.“

Luis ist 21 Jahre alt und hat eine ältere Schwester (30) sowie einen älteren Bruder (32). Die Familie habe ihn in seinen Plänen unterstützt, ins Ausland zu gehen, nickt er. Seine Freundin studiert derweil Psychologie in Ecuador, will perspektivisch jedoch ebenso wie ihr Freund in Deutschland arbeiten. Sie lernt bereits Deutsch. Das junge Paar möchte nach dem Studium von Luis‘ Freundin gemeinsam in Deutschland leben.

Luis plant, nach der Ausbildung ein Elektrotechnik-Studium anzuhängen. „Physik gefällt mir“, beschreibt er. Er denke darüber nach, erneuerbare Energien als Wahlschwerpunkt zu setzen. Zwar hat er in seinem Heimatland bereits vier Semester eines Studiums zum Elektroingenieur hinter sich. „Aber das Ding ist, dass es in Ecuador nicht dieselben guten Arbeitsbedingungen gibt wie in Deutschland.“ Er wolle eine Familie gründen, und für sie verspricht er sich genauso in Deutschland eine bessere Zukunft, als in dem Land im Westen von Südamerika. Mit den Kenntnissen, die er hier in Europa erwerbe, könne er Markus Manns weiteren Weg unterstützen, „einen kleinen Beitrag zur Unternehmensentwicklung leisten“.

„Es ist schon cool, was die hier machen“, freut sich der 21-Jährige über seine Ausbildungsstätte, „vollelektrische Lkw in drei oder vier Stunden mit Strom vollzuladen, der mit Photovoltaik und Windenergie selbst produziert worden ist, nur regenerative Energie! Es ist schon cool hier“, bekräftigt er abermals. „Und es funktioniert mit den Erneuerbaren. Sieh dir die vielen Elektro-Autos an, die mit dem Logo der WWP hier überall im Westerwald herumfahren: Jeden Tag siehst du, wie sie hier unterwegs sind!“

Auch „das ganz kleine“ sei zu sehen, schmunzelt Luis und denkt an den elektrischen „smart fortwo passion ed“, der ihm und Pedro von ihrem Ausbildungsbetrieb zur Verfügung gestellt wird, damit sie sich – kostenlos – in der Region bewegen und in der Freizeit etwas unternehmen können.

Pedro hat bei einem Halbmarathon mit Westerwälder Sportkameraden im selben Bein schon einen Muskelfaserriss erlitten.

Luis grinst, als er auf den Freizeitbereich angesprochen wird: „Ich habe zu Anfang meine Kollegen gefragt: ‚Was kann ich hier für Spaß machen?‘ ‚Ja, du kannst laufen, Rad fahren, das Kino in Hachenburg besuchen, zum Bowling in Bad Marienberg gehen – mehr nicht.‘“ Das sei schon ein Unterschied zum überbordenden Freizeitangebot in der Metropole Guayaquil mit ihren zahlreichen Clubs und Bars. „Aber das war in Ecuador ohnehin nicht mein Livestyle. Ich bin der, der am liebsten zu Hause bleibt und vielleicht mal ein Videospiel zockt.“

Luis‘ Vater war einst Soldat, wurde dann Anwalt. Die Mutter hat ein Studium als Pflegerin in der Lungenheilkunde absolviert, ist inzwischen Hausfrau „und hat uns sehr gut erzogen“, blickt Luis zurück. Seine Mutter freue sich nun selbstverständlich schon sehnsüchtig auf den ersten Heimatbesuch des nach Deutschland verzogenen Sohnes. „Dann muss ich mit den Dingen, die ich hier bei der MANN-Gruppe schon gelernt habe, sicher alles Mögliche in ihrem Haus reparieren“, lacht der 21-Jährige. Die beiden telefonieren häufig, fast jeden Tag. „Meine Mutter hat sehr, sehr gut auf uns Kinder aufgepasst. Daher finde ich es nötig, dass ich sie heute mindestens drei-, viermal die Woche anrufe, um ihr zu sagen, dass es mir gut geht.“

„Ich habe mein ganzes Leben am Strand verbracht und sage immer, dass ich mein ganzes Leben im Urlaub war“, erzählt Pedro augenzwinkernd über seine Herkunft aus der Küstenstadt Esmeraldas. Es war einer seiner Brüder, der ihn auf die Möglichkeit der Ausbildung in Deutschland aufmerksam machte. Viele Bilder hat er sich zu Hause angesehen, eine Menge über die Geschichte Deutschlands gelesen. „Das alles hat mich neugierig gemacht, und daraufhin habe ich mich entschieden: Ich will nach Deutschland fliegen! Es interessiert mich, wie Dinge hier angegangen werden.“ Versuche es mal, wir werden sehen, was passiert – das sei dabei sein Motto gewesen, als er beschloss, zu den „Westerwälder Holzpellets“ (WWP) zu gehen. „Also habe ich meinen Lebenslauf hergeschickt – und jetzt bin ich schon hier“, strahlt Pedro.

Familie und Freunde unterstützten den 22-Jährigen bei seinem Vorhaben, in den Westerwald zu gehen. „Wenn du das machen möchtest, dann mache es“, habe er meist gehört, als er seine Idee verriet. „Doch als dann der Moment der Abreise kam, waren alle trotzdem traurig, weil ich ja sehr, sehr weit weg bin.“

Er habe daheim in Südamerika eine Vorstellung gehabt, wie er sprachlich in Deutschland zurechtkommen würde, nachdem er ebenso wie Luis bereits neun Monate lang Deutsch gelernt hatte. „Doch als ich hier angekommen bin, da ist alles ganz anders gewesen“, erläutert Pedro. „Ich habe die Menschen hier sprechen gehört – und mich gefragt: ‚Was habe ich bloß gelernt? Welche Sprache?‘ Denn ich konnte leider gar nicht verstehen, was die Leute hier sagten.“ Ja, der Dialekt sei schwierig, „doch inzwischen verstehe ich meine Kollegen, was sie sagen. Das ist gut! Wir haben sogar schon ein paar Freunde hier in Langenbach gefunden. Die Leute hier sind sehr nett, geradezu liebevoll.“

Pedro führt aus, dass sich „viele Leute hier erschrecken, wenn ich die Anzahl meiner Geschwister nenne, sie ist für hiesige Verhältnisse ungewöhnlich: Wir sind neun Geschwister.“ Von ihnen seien welche in Kanada, den USA oder auch Honduras – und nun kommt der Westerwald hinzu.

Hohe Arbeitslosigkeit in Ecuador, die wirtschaftliche Perspektive ist eher schlecht, die Kriminalität ein enormes Problem (siehe unten). „Ich bin nicht stolz, das zu schildern“, legt Pedro die Stirn in Falten, „denn ich bin Ecuadorianer. Ecuador ist ein sehr schönes Land, bietet viele verschiedene Landschaften, etliche besondere Tiere leben dort. Aber die Politik ist korrupt, es gibt jetzt geradezu Chaos im Land. Selbst wenn man ein Studium, eine Ausbildung abgeschlossen hat, findet man kaum einen Job. Nur, wenn du aus einer reichen, privilegierten Familie kommst, kannst du etwas kriegen – aber sonst nicht! Das ist schlecht. Für viele Menschen in unserem Land ist Bildung schwer zu erreichen: Wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten ihrer Familien müssen sie die Schule abbrechen und Gelegenheitsjobs annehmen – häufig in Verhältnissen, die in Deutschland unter Schwarzarbeit fallen würden.“ Er hingegen habe das Glück, in Deutschland eine Ausbildung bei den WWP zu erhalten, zeigt sich Pedro abermals dankbar. „Damit kann ich für mein späteres Leben eine erheblich bessere Basis legen.“

In Ecuador hat er als Taxifahrer gearbeitet, ebenso zwei Jahre in der Apotheke einer Tante „und verschiedene Aushilfsjobs – ich habe viel gearbeitet, in unterschiedlichsten Bereichen; einfach, um an Geld zu kommen. Doch ich bin stets neugierig gewesen, wie Elektrizität funktioniert, wie Geräte mit Strom betrieben werden. Das hat mir Spaß gemacht – darum habe ich zu Hause einige Apparate auseinandergenommen“, lacht er, „Ventilatoren und andere.“

Luis ist stolz auf die Vorzüge bei den WWP wie diesen vollelektrischen „smart“, der ihm und Pedro auch in der Freizeit zur Verfügung steht.

Pedro kann sich im Augenblick nicht mehr vorstellen, irgendwann nach Ecuador zurückzugehen. Zwar wisse er nicht, „was die Zukunft für mich bereit hält“. Doch allein seine Erfahrung rund um seinen bedauerlichen Unfall bestärke ihn, dass Deutschland ein tolles Land ist: „Hier habe ich alle medizinische Hilfe über die Krankenversicherung bezahlt bekommen; anders als bei uns. Alle haben sich um mich gekümmert. Das Krankenhaus in Koblenz ist sehr gut. Sogar das Essen dort hat mich angenehm überrascht, es war ziemlich gut.“

Wenn Pedro wieder ganz gesund ist, will er Mitglied der von MANN unterstützten „MANNschaft“ werden, des Vereins zur Förderung des Ausdauersports e. V. Darüber hinaus besuchen Luis und Pedro weiterhin einen Sprachkurs, er findet in Wirges statt. Denn Deutsch, das sei schon etwas ganz anderes als Spanisch, erklärt Luis: „Bei uns ist die Sonne auf Spanisch männlich, ‚el sol‘. Hier ist sie weiblich, es ist ‚die Sonne‘.“ Wobei das in Südamerika gesprochene Spanisch sich von dem in Madrid oder Barcelona deutlich unterscheide, ergänzt er.

Ihm wie Pedro ist bewusst, das heben sie wieder und wieder hervor, dass speziell Fachkenntnisse im Bereich Elektrotechnik und Elektronik viele Jahre besonders stark gebraucht werden, soll die Energiewende klappen und die weltweite Herausforderung des Klimawandels wirksam angegangen werden. Dass sie im Westerwald die Möglichkeit bekommen, künftig daran mitzuwirken, erfülle sie beide mit Stolz, stellen die zwei Südamerikaner heraus. Pedro betont, er wolle, wenn er einmal Urlaub habe, unbedingt für ein paar Tage nach Ecuador zurück fliegen. Und seiner Familie und allen Freunden erzählen, wie großartig es in Deutschland ist.

Uwe Schmalenbach


Unruhiger Andenstaat

Das Auswärtige Amt schreibt in seinen Reise- und Sicherheitshinweisen über die Heimat der beiden super sympathischen Azubis: „Die Kriminalitätsrate und Gewaltbereitschaft ist hoch. Kleinkriminalität wie Taschendiebstähle kommen insbesondere in den Großstädten an von Touristen sehr frequentierten Orten vor.

Ein erhöhtes Risiko, Opfer eines Diebstahls, Raubüberfalls oder anderen Gewaltverbrechens zu werden, besteht vor allem in den Metropolen Guayaquil und Quito und Cuenca, sowie an der Küste. (…) In der gesamten Grenzregion zu Kolumbien besteht ein erhöhtes Risiko, Opfer von Entführungen und von Aktivitäten bewaffneter, mit dem Drogenhandel in Verbindung stehender Gruppen zu werden. (…) Das Risiko für Überfälle ist in der Provinz Esmeraldas, der Küstengegend in und um die Stadt Esmeraldas sowie bei Besuchen der Stadt Santo Domingo besonders hoch.“

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Eine Batterie mit 450 Kilowattstunden

Bei MANN Strom dreht sich alles um echten, physikalisch-gekoppelten Öko-Strom und seine Nutzung. Die üppige Batterie dieses neuen Volvo speichert satte 450 Kilowattstunden Energie. Damit wird der 666 PS starke Elektro-Lkw angetrieben, der soeben bei unseren Kollegen von den „Westerwälder Holzpellets“ (WWP) angekommen ist. Er ist der zweite vollelektrische Lastwagen, den die WWP im regionalen Verteilerverkehr einsetzen.

Fahrer Volker Schütz wird den Volvo nutzen, um lose Westerwälder Holzpellets im Siloauflieger zu umweltschonend heizenden Kunden zu fahren. In den nächsten Tagen wird das neue Fahrzeug, das eine Nutzlast von 32 Tonnen hat, noch foliert und bekommt dabei den bekannten WWP-Look.


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Zertifizierter Strom für die lokale Energiewende

„Natürlich kennt man den Markus Mann hier im Westerwald und weiß, wie ,MANN Naturenergie‘ arbeitet. Dort gibt es eine große Transparenz, große Verlässlichkeit – und deshalb auch großes Vertrauen von uns“, sagt Timo Karl, Nachhaltigkeitskoordinator der Verbandsgemeinde Hachenburg. Das Westerwälder Unternehmen beliefert ab diesem Januar kommunale Liegenschaften in der gesamten Verbandsgemeinde mit zertifiziertem Ökostrom. Eine Kooperation, die viel Positives in sich vereint.

Wenn der Alte Markt, Hachenburgs „gute Stube“, abends romantisch illuminiert ist, fließt dafür nun Ökostrom von MANN.

In der Verbandsgemeinde Hachenburg wurde schon bisher „grüner“ Strom genutzt. Klimaschonende Energie ist in der Gebietskörperschaft nichts komplett Neues. Ab 2023 gibt es aber eine Veränderung: Nunmehr wird „MANN Naturenergie“ die kommunalen Liegenschaften mit Ökostrom beliefern. Weil es der ausdrückliche Wunsch der Verwaltungsspitze gewesen sei, nicht nur Ökostrom zu beziehen, sondern eindeutig zertifizierten, antwortet Timo Karl auf die Frage, warum man sich für einen Wechsel des Versorgers entschieden habe.

Klima- und Umweltschutz seien der Kommune überaus wichtig, betont der Nachhaltigkeitskoordinator. „Wir haben seit 2016 ein Klimaschutzkonzept. Außerdem war die Verbandsgemeinde Hachenburg einer der Pioniere, die einen Klimaschutzmanager eingestellt haben. Wir verfolgen sehr ambitioniert das Ziel, Treibhausgasemissionen zu senken und auch, die lokale Energiewende voranzutreiben“, verdeutlicht Karl. „Was man sich auf dem Markt beschaffen muss, versucht man, regional zu beschaffen – so wie jetzt mit ,MANN Naturenergie‘. Oder strebt an, da, wo es möglich ist, eigene Energiekapazitäten aufzubauen.“

Nicht allein die Stadt Hachenburg selbst erhält „MANN Strom“, sondern sämtliche Liegenschaften der Verbandsgemeinde wie beispielsweise die „Sonnenbergschule“ in Müschenbach. Fotos: Schmalenbach

In der Verbandsgemeinde Hachenburg sind schon einige Projekte umgesetzt worden. Photovoltaikanlagen oder ein Solarpark etwa. „Mit diesen Maßnahmen wollen wir die erneuerbare Stromversorgung hier vor Ort stärken und unsere Abhängigkeit vom Großmarkt reduzieren“, erläutert Timo Karl. Daneben setze man auf die energetische Sanierung von Gebäuden. So wurde beispielsweise das Verwaltungsgebäude der Verbandsgemeinde in Hachenburg mit Fördermitteln des Bundesumweltministeriums modernisiert. „Dadurch sind in der Folge sehr umfangreich Treibhausgasemissionen eingespart worden.“

Die Partnerschaft mit MANN passe da „natürlich total gut rein“, hebt der Westerwälder hervor. Eine komplette Selbstversorgung mit eigens produzierter „grüner“ Energie sei in der Verbandsgemeinde schließlich noch nicht möglich. „Also muss man mit einem verlässlichen Partner zusammenarbeiten, der genau den Strom liefern kann, der mit unserem Klimaschutzkonzept einhergeht. Und in Zeiten von nationalen und globalen Marktunsicherheiten – was liegt da näher, als auf einen verlässlichen, regionalen Partner zu setzen?“

Auch das Dorfgemeinschaftshaus „Haus Alhäuser“ in Giesenhausen wird mit dem Ökostrom aus Langenbach versorgt.

Die Verbandsgemeinde Hachenburg hatte den Stromvertrag ausgeschrieben. Am Ende erhielt der Energieversorger aus dem nahen Langenbach den Zuschlag. „MANN Strom“ ist vom TÜV zertifiziert und stammt zu 100 Prozent aus Wasserkraftwerken sowie regionalen Erzeugungsanlagen. Das „Grüner-Strom-Label“ stellt sicher, dass bei MANN nicht einfach nur Atomstrom umetikettiert wird. Das Westerwälder Unternehmen garantiert also echten, physikalisch gekoppelten Ökostrom – und nicht welchen, der durch bilanzielle Darstellung dem „Greenwashing“ unterzogen wurde. „Das ist eine Besonderheit bei ,MANN Naturenergie‘, dass der Strom zertifiziert ist, wir den genauen Nachweis haben, woher er stammt“, unterstreicht Timo Karl.

Durch die Energiekrise herrsche derzeit eine angespannte Strommarktlage, so Karl. Es sei durchaus eine Herausforderung für die Kommune gewesen, Angebote zu erhalten, „die einigermaßen tragfähig sind.“ Umso mehr habe man sich schließlich gefreut, dass „MANN Naturenergie“ nicht nur das wirtschaftlich nachvollziehbarste und beste Angebot abgegeben habe, sondern dieses zugleich von einem Energieversor- ger aus der Region kam. „Da wählt man dann natürlich nicht den Stromversorger in Belgien, sondern den aus Langenbach“, lacht Karl. Mit MANN habe einfach alles gepasst.

Ökostrom von MANN zu beziehen, sei ein „fortgesetztes Engagement“ der Verbandsgemeinde Hachenburg, betont Timo Karl. Foto: privat

Timo Karl hat seine Tätigkeit für die Verbandsgemeinde Hachenburg im vergangenen November aufgenommen. Bei seiner Aufgabe gehe es darum, wirtschaftliche Maßnahmen und Projekte der Verbandsgemeinde auf ihre Nachhaltigkeit zu überprüfen: „Sind sie mit dem Klimaschutzkonzept kompatibel oder können wir sie anders gestalten, um das Konzept weiter umzusetzen?“, beschreibt der Politikwissenschaftler. Aktuell nehme natürlich auch die Bewältigung der „Energiepreiskrise“ großen Raum ein.

Er sei Ansprechpartner für Bürger und Unternehmen der Verbandsgemeinde, ergänzt Karl. Bezüglich der Klimaschutzziele bedeute dies, dass er verschiedene Akteure und ihre Interessen zusammenführe. „Das heißt also auch, dass wir die Maßnahmen, die wir ergreifen – wie jetzt zum Beispiel den Abschluss mit ,MANN Naturenergie‘ – an die Öffentlichkeit tragen, immer wieder Menschen informieren und mit einbinden, sie also an der Energiewende partizipieren lassen.“ Das sei der Schlüssel, um Akzeptanz zu schaffen, führt der aus Neunkhausen Stammende aus, der sich vor seiner Tätigkeit für die Verbandsgemeinde Hachenburg bereits jahrelang mit Studien zur Klimakrise auseinandergesetzt hat.

Umso wichtiger sei es, Partner wie MANN zu haben, fügt der Nachhaltigkeitskoordinator an. Es bestehe ein „großes Vertrauen“ zu dem Stromversorger aus der Westerwälder Heimat, wiederholt Timo Karl noch einmal. „Das Vertrauen, dass man eine Kooperation eingeht, die nachhaltig ist und Sinn macht für die Region.“

Andra de Wit

Die moderne Straßenbeleuchtung der Barockstadt Hachenburg wie hier in der Judengasse wird ebenfalls ausschließlich mit „grüner“ Energie betrieben.

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Ein perfekter Platz für die Spedition

„Wir Manns kommen nicht über den Schulweg in Langenbach hinaus“, scherzt Thomas Mann, „alles fing in Nummer 2 an, in 10 bin ich aufgewachsen, jetzt lebe ich in 12. Und wir landen dann irgendwann im Schulweg 20 – da ist der Friedhof.“ Gleich am Anfang dieser Straße war es, wo Emil Mann mit einem gebrauchten Lkw der „Nationalen Automobil-Gesellschaft“ 1925 sein bescheidenes Fuhrunternehmen gründete – und damit letztlich den Grundstein legte für die Spedition von Enkel Thomas Mann und ebenso für die von seinem Bruder Markus geleiteten „Westerwälder Holzpellets“ (WWP) sowie „MANN Naturenergie“. Doch am 7. Oktober ist Thomas Mann „ausgezogen“, die Spedition an einen anderen Standort verlegt worden. Haben die beiden lange auf dem selben Grund und Boden arbeitenden Brüder nun Streit, wie verschiedentlich gemutmaßt wird?

Beim gemeinsamen Interview mit seinem Bruder Markus (siehe https://www.mannstrom.de/aktuelles-1/2022/12/9/markus-und-seine-mnner-breiten-sich-aus) lacht Thomas Mann nur, darauf angesprochen, ob der Umzug der Spedition etwas mit dem Verhältnis zueinander zu tun hätte: „Wir sind am Morgen noch bei einem Freund gewesen, der heute 60 Jahre alt wird, und haben ihm gratuliert – gemeinsam, natürlich.“ Wie beide Manns schildern, sei es bei der Veränderung, die dazu geführt hat, dass das „Fuhrunternehmen“ aus dem Schulweg nach 97 Jahren erstmals nicht mehr dort beheimatet ist, allein um organisatorisch und ökonomisch kluge Entscheidungen gegangen, die dem Wachstum bei den WWP Rechnung tragen.

Thomas Mann freut sich: Am neuen Standort gibt es viel Platz für seine Mitarbeiter und die Lkw. „Wir sind echt aufgestiegen“, sagt er, „nicht nur die 30 Höhenmeter vom einstigen Standort im Schulweg hier herauf, sondern auch, was den Komfort der Arbeitsumgebung angeht.“ Fotos: Schmalenbach

In der Trift im Osten Langenbachs: Zwischen dem ehemaligen Truppenübungsplatz Daaden auf dem 654 Meter hohen „Stegskopf“ und dem die Ortsgemeinde südlich begrenzenden Langenbach hat es früher häufig laut geknallt und gekracht. Gleichwohl nicht wegen Schießübungen der Bundeswehr. Vielmehr kam im dortigen Basaltsteinbruch Sprengstoff zum Einsatz, im „Brecher“ wurden die Felsbrocken anschließend mit viel Getöse zerkleinert.

1979 wurde der Steinbruch stillgelegt, denn noch immer vorhandene Basaltvorkommen hätten auf dem Areal des Truppenübungsplatzes abgebaut werden müssen, was gleichwohl unmöglich war. 1985 wurde die einstige Grube so zum „Langenbacher Weiher“, an einer Zufahrt zum Gelände erinnert eine alte Lkw-Waage heute noch an die Gewinnung des für den Westerwald so typischen Gesteins.

Für die Wartung der Lkw und anderer Fahrzeuge der Spedition sind zwei Gruben in der Werkstatt schon vorhanden gewesen.

Wenige Meter weiter – dort mag zu Steinbruchzeiten zum Beispiel dessen Brecheranlage oder Silo gestanden haben – hat die Spedition MANN im Oktober eine Liegenschaft bezogen, die vormals das Busunternehmen Knautz nutzte. „Hier war alles vorhanden und nach drei Jahren Stillstand auf Knopfdruck funktionstüchtig, von der Heizung bis zur Glasfaser-Netzwerktechnik“, freut sich Thomas Mann, der neue Hausherr in der Trift. Er übernahm – für eine Spedition ist sie extrem wichtig – dabei eine große Hoffläche zum Rangieren und Abstellen der Lkw und für vier Dutzend Container, die dort als Vorrat für Kunden vorgehalten oder in Langenbach repariert werden.

In den Hallen auf dem Gelände am alten Steinbruch gab es bereits beim Einzug eine Reihe Einrichtungen, die die Speditions-Leute bestens gebrauchen können: zwei Gruben in einer Werkstatthalle etwa, um komfortabel an der Unterseite der Fahrzeuge arbeiten zu können, ein direkt angrenzendes Ersatzteillager oder auch eine große Waschstraße. Ein Laufkran „schwebt“ auf Schienen unter dem Dach, „falls wir mal schwere Lasten heben müssen“, nickt Thomas Mann zufrieden. Ein optimal zugeschnittenes Bürogebäude für die Verwaltung der Spedition war obendrein vorhanden und bezugsfertig. Über eine Richtfunkverbindung zum vielleicht 800, 900 Meter Luftlinie entfernten Firmengelände von „MANN Naturenergie“ ist die Firma von Thomas Mann weiterhin mit demselben Netzwerk sowie der früheren Telefonanlage des Hauses verbunden und konnte die Durchwahlen mitnehmen, die zuvor im Verwaltungsgebäude im Schulweg gültig waren.

„Das ist wirklich perfekt hier für uns. Genug Platz für alle Anforderungen – wir konnten überdies das Reifenlager hier einrichten, das früher sehr beengt in der Halle 2 bei den ‚Westerwälder Holzpellets‘ untergebracht werden musste“, erläutert der Speditionschef und zeigt auf Regale mit vielen Rädern. Dort lagern die Sommer- beziehungsweise Winterreifen für die elektrischen Firmenfahrzeuge, die sein Bruder Markus angeschafft hat und den Mitarbeitern von „MANN Naturenergie“ und WWP zur Verfügung stellt, damit diese ihren CO2-Fußabdruck auf dem Arbeitsweg verringern können (die „Wäller Energiezeitung“ berichtete).

Thomas Mann im Reifenlager, wo auch die Räder für die WWP-Elektro-Autos aufbewahrt werden.

Selbst hier, zwischen „Conti Wintercontact“, „Michelin Primacy“ und diversen anderen Pneus, ist also vom angeblichen Zerwürfnis der beiden Brüder wenig zu sehen; im Gegenteil, für die WWP würden hier zukünftig selbstverständlich ebenso deren Silo-Lastwagen gewartet, unterstreicht Thomas Mann. Und in drei Tagen, wenn Hausmeister Tomeck, die „gute Seele“, die viele Dinge in Schuss hält bei allen MANN-Unternehmungen, seinen „Vierzigsten“ begeht, wollen Thomas und Markus Mann seiner Einladung folgen und zur Feier gehen – und abermals gemeinsam gratulieren.

Uwe Schmalenbach

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Markus und seine Männer breiten sich aus

Thomas und Markus Mann sind nicht nur Unternehmer, sondern auch Brüder und ihr ganzes bisheriges Unternehmerleben auf dem selben Betriebsgelände tätig. Darüber, warum sich das ändern musste, sprach mit dem Speditionschef und dem geschäftsführenden Gesellschafter der „Westerwälder Holzpellets“ (WWP) Uwe Schmalenbach.


Mancher Einheimische munkelt, warum nur die Spedition aus dem Schulweg fortgezogen sei – nach fast 100 Jahren am selben Platz!

Thomas Mann: Selbstverständlich haben wir teilweise unterschiedliche Ansichten und Einstellungen zu manchen Themen – aber wir haben ganz gewiss keinen Streit! (lacht)

Markus Mann: Einige Leute wundern sich einfach nur, weshalb der Thomas aus dem Schulweg weg ist, wo die Spedition doch so lange hier zu Hause war…

Thomas Mann: Ohne, dass er es wusste (Anm. d. Red.: deutet auf seinen Bruder Markus), habe ich mir bereits im vergangenen Jahr Gedanken gemacht, wohin wir ausweichen könnten, habe mit dem Eigentümer der Immobilie in der Trift gesprochen. Den Gedanken des Weggangs hatte ich 2021 schon.


Markus (links) und Thomas Mann betrachten ein Foto aus den Gründerjahren ihres Großvaters: Der startete unter der Adresse Schulweg 2 sein kleines Fuhrunternehmen, auf das letztlich sogar die heutige Spedition MANN zurückgeht, die nun am Langenbacher Weiher ihre Betriebsstätte eingerichtet hat.

Wie ist der entstanden?

Thomas Mann: Ganz einfach: Weil ich die enorme Entwicklung der „Westerwälder Holzpellets“ (WWP) und von „MANN Naturenergie“ aus nächster Nähe beobachten konnte, gesehen habe, wie die „Stromer“ und Pelletierer sich mehr und mehr erweitern. Und nachdem uns in unmittelbarer Nachbarschaft zweimal ein Korb gegeben wurde, beim Versuch, das angrenzende Grundstück für Erweiterungen zu nutzen, musste man sich halt andere Gedanken machen.


Was waren die Alternativen, über die Sie nachgedacht haben?

Thomas Mann: Man hätte sehr viel Geld in die Hand nehmen können, um das Betriebsgelände umzubauen und zu optimieren. Doch das wäre ein unverhältnismäßig hoher finanzieller Aufwand gewesen – und trotzdem hätten wir weiter mit Kompromissen bei den betrieblichen Abläufen leben müssen. Stattdessen gab es die Möglichkeit, die Ideallösung in der Trift beim Schopfe zu packen. Wir als Spedition haben jetzt wirklich ein sehr komfortables Leben da oben – von der Aufteilung her, von der Werkstatt, es liegt alles kompakter mit kürzeren Wegen beieinander. Von der Kranbahn zum Beispiel, über die wir nun verfügen, haben wir immer geträumt! Wir haben Platz ohne Ende nur für uns. Und wir haben „gechilltere“ Menschen in unserer Werkstatt.


Wieso das?

Thomas Mann: Bisher war es so, dass mal wir den Kollegen bei den WWP etwas in den Weg gestellt haben und ein Lkw umgeparkt werden musste. Und umgekehrt stand mal ein Paket Holz unseren Fahrern beim Rangieren im Weg oder eine große Heizungsanlage, die für die WWP umgebaut wurde, in unserer Halle. Das sind Dinge, wo es irgendwann zu Reibung unter den Mitarbeitern kommt. Jetzt können Markus und seine Männer sich viel effizienter ausbreiten, eine bessere Struktur reinbringen. Am Anfang gab es ein Kraftwerk, ein kleines Pelletwerk – mittlerweile ist es ein Industriebetrieb mit eigenem Sägewerk, der einfach anders geführt werden muss als zu Beginn.

Markus Mann: Wir hatten schon länger entschieden, dass wir sehr sicher noch ein zweites Sägewerk neben die jetzige Linie bauen werden. Und dass wir mit dem Bau der Trockenkammern und der damit verbundenen „Umstapelanlage“ eine größere Fertigungstiefe erreichen wollen, ebenso wie mit einer neuen Produktionshalle für keilgezinktes Holz und gehobelte Ware. Da war klar: Ui, dafür brauchen wir zukünftig erheblich mehr Fläche. Und es gibt viel mehr Arbeit und weitere neue Arbeitsplätze für die Region. Die Menschen müssen irgendwo hin, und unsere Verwaltung muss ebenfalls wachsen – und irgendwo sitzen.

Thomas Mann: Das Esszimmer unserer Mutter ist schön – aber als dauerhafter Bürogebäudeersatz nicht geeignet! (lacht)


Die alte Schule im Schulweg 5, die Sie einst selbst als Schüler besucht haben, wurde aus Platznot zwischenzeitlich sogar geräumt, um dort das Team E-Mobilität auszuquartieren, richtig?

Thomas Mann: Ja. Jetzt sitzen die wieder bei ihren Kollegen im Haupthaus, wo wir unsere Büroetage zur Verfügung gestellt haben. Und wir können in der alten Schule wieder Fahrerschulungen durchführen; Markus kann dort seine Produkte präsentieren und seine Kunden und Besucher ordentlich empfangen.


Es ging beim Wegzug der Spedition also vor allem um den Raum, den nun die Mitarbeiter im Bereich der erneuerbaren Energien benötigen?

Markus Mann: Ja. An den sonstigen Synergien halten wir fest: Alles, was bei den WWP im Container transportiert werden muss, fährt Thomas weiterhin für uns. Ob das Brennstoff für unser Biomasse-Heizkraftwerk oder Nebenprodukte aus anderen holzverarbeitenden Betrieben sind, die bei uns zu Pellets gemacht werden.


Was passiert mit der Halle, die die Spedition bisher zu Wartungszwecken benutzt hat?

Markus Mann: Die liegt mitten im Firmengelände. Deswegen ziehen wir dort mit unserer Zentralwerkstatt, der Schlosserei, hinein, ins Zentrum zwischen Kraftwerk, Sägelinien und so weiter. Dann haben unsere Schlosser viel kürzere Wege, egal, wo sie tätig werden müssen.

Thomas Mann: Früher haben wir acht Fahrzeuge von uns davor abgestellt und bis zu 45 Container – das muss alles irgendwo hin. Zugleich brauchen die WWP Platz, um Holz zu lagern, damit gewährleistet ist, dass der Sägebetrieb selbst dann über mehrere Tage weiterlaufen kann, wenn einmal kein Nachschub kommt. Und unsere neue Betriebsstätte da oben – der Betriebssitz ist weiterhin der Schulweg – hat für mich persönlich einen weiteren Vorteil (lächelt): Ich laufe morgens mit meinem Hund hoch, mittags zum Essen zurück, danach wieder rauf und abends nach Hause – mein Hund und ich haben dadurch Bewegung! Der Umzug ist also auch noch der Gesundheit förderlich. Und Markus konnte nicht so einfach auf ein anderes Gelände ausweichen. Es bringt ja nichts, Kraft- und Pelletwerk und die SEO-Sägeanlage hier stehen zu haben und die neuen Anlagen woanders zu installieren – das schafft nur unsinnigen innerörtlichen Verkehr.

Markus Mann im Treppenhaus, über das man zur Büroetage im zweiten Stock gelangt, die sein Bruder für Mitarbeiter von „MANN Strom“ freigemacht hat.

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Studie: MANN Strom ist „besonders nachhaltig“

Welche Ökostromtarife sind als „Strom für Klimaschützer“ empfehlenswert? Dieser Frage ist das Magazin „WirtschaftsWoche“ (WiWo) nachgegangen: In einer Studie in Kooperation mit dem „Handelsblatt Research Institute“ (HRI) sind die „besten nachhaltigen Stromanbieter“ ermittelt worden. MANN Strom ist in dem Ranking als besonders nachhaltig gelistet worden.

MANN achtet nicht nur beim Kunden auf Nachhaltigkeit, sondern nutzt auch für den eigenen Betrieb selbst produzierte Naturenergie. Das Unternehmen hat etwa eine Gesamtleistung an Photovoltaik von einem Megawatt. Foto: Schmalenbach

Das HRI ist ein nach eigenen Angaben unabhängiges Forschungsinstitut, dessen Team unter anderem aus Volks- und Betriebswirten, Politologen sowie Informationswissenschaftlern besteht. Für die Analyse der „WirtschaftsWoche“ hat es die Ökostromtarife von 96 bundesweit aktiven Anbietern verglichen. Es wurden dann die Tarife von Betreibern ausgewählt, deren Strom zu 100 Prozent aus physikalisch gekoppelten erneuerbaren Energiequellen stammt und nicht nur aus kaufmännisch-bilanziellen – eine Bedingung, die schließlich nur ein verhältnismäßig geringer Teil der untersuchten Energielieferanten, nämlich lediglich 36 Ökostromversorger, erfüllten.

Deren Leistungen wurden anschließend noch einmal unterteilt: 20 Tarife fielen in die Kategorie „nachhaltig“ und weitere 16 wurden als „besonders nachhaltig“ aufgelistet. Als „besonders nachhaltig“ wurden Leistungen von Betreibern ausgezeichnet, die zusätzlich die Vorgaben der anerkannten Ökostromsiegel „Grüner Strom“, „OK Power“ oder „Robin Wood“ einhielten. Unter den als „besonders nachhaltig“ eingestuften Anbietern findet sich auch „MANN Strom“.

Der entsprechende Tarif des Langenbacher Energieversorgers ist mit dem „Grüner-Strom-Label“ ausgezeichnet. Dieses stellt nicht nur sicher, dass kein Atomstrom umetikettiert, also kein sogenanntes „Greenwashing“ betrieben wird, es garantiert zudem, das pro Kilowattstunde Strom ein Förderbetrag buchstäblich in den Ausbau erneuerbarer Energien fließt.

In dem Artikel „Das sind die besten nachhaltigen Stromanbieter“ (er ist online unter www.wiwo.de/unternehmen/energie zu finden) legt WiWo-Redakteur Martin Gerth die Hintergründe der Untersuchung dar und weist unter anderem darauf hin, dass viele Deutsche dazu bereit wären, für Ökostrom etwas mehr zu bezahlen. Die Studie zeige auf, welche Angebote einen solchen „Mehrpreis für den Klimaschutz“ rechtfertigen. Doch es sei wichtig für Stromkunden, Angebote genau zu überprüfen. Interessant: Die „WirtschaftsWoche“ hat zwei Online-Vergleichsportale, die dabei eigentlich helfen sollen, einem nicht repräsentativen Test unterzogen und dabei festgestellt, dass die Dienste nur unzureichend informieren. Das sei enttäuschend, schreibt Gerth.

Die Studienergebnisse des HRI für die WiWo könnten da eine bessere Orientierung für den Verbraucher sein. Seit 2020 ermittelt das Wirtschaftsmagazin jährlich nachhaltige Ökostromanbieter – MANN Naturenergie gehörte bereits in der Vergangenheit zu den ausgezeichneten Unternehmen.

Uwe Schmalenbach

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„Das ist schon sehr beeindruckend“

Die sechsjährige Mia interessiert sich am Stand von Sema Dercin und Volker Schmidt noch nicht so sehr für die kommenden Tarife…

Zwar wohnt die Tochter Brigitte und Lothar Pörschs in Gackenbach, also dem Südlichen Westerwald. Doch dass die Hunsrücker heute im Westerwald unterwegs sind, hat einen anderen Grund, als einen Besuch beim Nachwuchs: „Wir sind nur wegen der Firma MANN gekommen, als treuer Kunde“, sagt Lothar Pörsch.

Pörschs leben in Simmern und sind Bezieher von „MANN Strom“. „Außerdem haben wir noch jemand weiteren vermittelt“, ergänzt Brigitte Pörsch. Wirklich echten Öko-Strom zu nutzen, sei ihm sehr bedeutsam, betont das Paar, darum habe man einen Vertrag mit MANN abgeschlossen. Sie seien naturverbunden, antworten Pörschs auf die Frage, warum ihnen die Grünstrom-Nutzung wichtig sei, „und das Geld bleibt hier in Rheinland-Pfalz“, fügt Brigitte Pörsch an.

Die SEO-Anlage ist eine Station auf der Tour, an der auch Winkels (rechts) teilnehmen. Fotos: Schmalenbach

Den Weg nach Langenbach haben die Hunsrücker auf sich genommen, „weil wir das Team von dem Herrn Mann mal näher kennenlernen wollten“, erzählt Lothar Pörsch. Klar, dass der Ökostrom-Pionier seinen Gästen aus Simmern auch selbst für ein Gespräch zur Verfügung steht.

Am Stand von Sema Dercin und Volker Schmidt führen andere Besucher der „Tage der offenen Tür“ ebenfalls durchgängig Gespräche. „Wie werden die Stromtarife künftig aussehen? Ob wir neue Kunden aufnehmen“: Das seien die Themen, zu denen die Besucher sich austauschen möchten, schildert Sema Dercin vom Strom-Vertrieb bei „MANN Naturenergie“. Ihr Kollege Volker Schmidt beschreibt, dass viele die Furcht, die Energieversorgung könnte unbezahlbar werden, umtreibe: „Wird es wirklich so teuer, wie man überall höre?“ Schmidt kann die meisten Fragesteller beschwichtigen: Frühzeitiger Einkauf des Stroms schütze bei MANN weitestgehend davor, dass Stromtarife Höchstwerte erreichten „und es bei uns im Vergleich zu jenen, die teilweise jetzt schon über 60 oder 70 Cent verlangen, moderater bleibt.“ Das Gespräch mit den Experten beruhige die Menschen, nicken Sema Dercin und Volker Schmidt.

Angela Haas ist zu den „Tagen der offenen Tür“ gekommen, weil sie in der jüngsten „Wäller Energiezeitung“ „der Artikel über den Baggerfahrer total angesprochen“ habe, wie sie sagt. „Mensch, ich dachte, das scheint ein Unternehmen zu sein, bei dem es auch noch um andere unternehmerische Werte als nur Profit geht. Es hörte sich so wertschätzend an, was ich da über die Geschichte des Baggerfahrers gelesen habe. Das finde ich total interessant, darum wollte ich das Unternehmen selbst kennenlernen.“

Christian und Kerstin Schlepper aus Alpenrod möchten sich den Arbeitsplatz ihres Bekannten ansehen.

Angela Haas guckt mit ihrem Sohn Fynn in den Großspeicher. Sie beeindrucke die Wertschätzung der Mitarbeiter bei WWP, wie sie schildert.

„Ich kannte die Firma noch nicht. Die Idee, herzufahren, kam von meinen Eltern, und ich dachte, das ist mit Sicherheit interessant“, so Sohn Fynn Haas, der just mit der Mutter einen Blick in den Großspeicher bei den Westerwälder Holzpellets geworfen hat. Ihm imponiere „die ziemlich gut durchdachte Kreislaufwirtschaft“, mit der bei den WWP möglichst viel aus dem Holz herausgeholt und auch Nebenprodukte sowie Restwärme der Anlagen genutzt werde. „Das ist schon sehr beeindruckend.“

Günther und Ulrike Winkel möchten sich ansehen, wo der Brennstoff für ihre neue Pelletheizung herkommt.

„Weil wir jemanden privat kennen, der hier arbeitet. Da wollten wir uns das Ganze einmal angucken“, erläutern Christian und Kerstin Schlepper den Grund ihres Besuchs der „Tage der offenen Tür“. Sie haben wissen wollen, wie es am Arbeitsplatz des Bekannten aussehe. „Wir sind noch nie vorher hier gewesen, und trotz des Wetters gefällt uns der Einblick sehr gut. Außerdem beziehen wir selbst ‚MANN Strom‘. Und wir sind sehr zufrieden damit, auch, weil das Unternehmen sehr regional ist“, unterstreichen die in Alpenrod Wohnenden.

Lothar und Brigitte Pörsch sind Stromkunden und mit ihrem Bekannten Reinhard Schug (von links) aus dem Hunsrück zu den “Tagen der offenen Tür” gekommen, um das Unternehmen von Markus Mann kennenzulernen.

Einen geringfügig weiteren Weg zu den „Tagen der offenen Tür“ bei WWP und „MANN Naturenergie“ als Schleppers hatten Ulrike und Günter Winkel aus Burbach. Sie haben soeben eine Pelletheizung einbauen lassen, die eine alte, nicht sehr ökologische Ölheizung ablöst und nun vor der ersten Heizperiode steht. „Da wollten wir uns einmal ansehen, wo die Pellets herkommen, die wir getankt haben.“ Es sei wichtig, einen Pelletlieferanten zu wählen, bei dem die Anfahrtwege bei der Lieferung nicht zu lang sind, stellt Günter Winkel heraus. Auch Ehefrau Ulrike hebt hervor, dass es zwar schöneres Wetter für so einen Ausflug geben könnte – „doch es ist wichtig, dass wir uns mit der Frage, wie unsere Energieversorgung organisiert ist und wo der Brennstoff herkommt, beschäftigen!“

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Am Anfang der Führung und der Firmenhistorie

Die Fragen der Energiewende treiben offenbar viele Menschen um – die darum trotz des Wetters zahlreich an den Führungen teilnehmen und dabei ihre Fragen stellen.

Das Wetter ist, da gibt es nichts zu beschönigen, ausgesprochen bescheiden. Umso auffälliger ist, wie viele Menschen dennoch der Einladung gefolgt und zu den „Tagen der offenen Tür“ bei den „Westerwälder Holzpellets“ (WWP) und „MANN Naturenergie“ gekommen sind – und, trotz Starkregens, vor allem wissbegierig an den Führungen teilnehmen, die im Stundenrhythmus „den Weg des Holzes“ durch den Betrieb nachzeichnen, an dessen Ende die Verwertung von Sägenebenprodukten als Material für CO2-arme Holzpellets steht.

Geliehenes Geld, mit dem ein Westerwälder Speditionskaufmann, den das Studium nach Bremen geführt hatte, anno 1991 ein Windrad aufstellte – das erste von Rheinland-Pfalz übrigens – und damit seine frühen Gehversuche in Sachen erneuerbarer Energien unternehmen konnte: Die Gruppe, die WWP-Projektingenieur Daniel Rahn gerade zum Rundholzplatz führt – auf dem am Tag 13 bis 18 Lkw-Ladungen Fichtenholz ankommen, die dort in Längen und Qualitätsklassen sortiert werden –, ist beeindruckt von der Entstehungsgeschichte der von Markus Mann gegründeten Unternehmen. Heute versorgen sie Zehntausende Menschen mit CO2-armer Wärme und „grünem“ Strom. Oder ebenso Betriebe und Institutionen von der „Westerwald-Brauerei“ bis zur Stadt Bonn, die damit unter anderem ökologisch sinnvoll Straßenbahnen fahren lässt, während erstere das in der Region beliebte „Hachenburger“ mit MANN-Ökostrom kühlt.

Wie und woraus werden eigentlich Pellets gemacht? Daniel Rahn zeigt der Gruppe das Ausgangsmaterial. Fotos: Schmalenbach

Bei dieser Pionierleistung zur regenerativen Energieerzeugung blieb es indes nicht: 1994 folgte bei den WWP der Bau des Biomasse-Heizkraftwerks, das die Besuchergruppe um Daniel Rahn ebenso erklärt bekommt wie die Pelletpressen. Die für sie benötigten Späne werden, so Rahn, mit der Abwärme des Kraftwerkes getrocknet. Hat frisch eingeschlagenes Holz im Mittel einen Wassergehalt von 50 Prozent, wird jener der Späne vor dem Pressen mittels eines Bandtrockners auf zwölf bis zehn Prozent reduziert. Der Spänevorrat wird zuvor in einer Halle gelagert, die ebenfalls auf dem Rundgang liegt.

Die Teilnehmer der Tour folgen Daniel Rahn auf „dem Weg des Holzes“, der gleichermaßen in die SEO-Sägeanlage führt, in der Bretter für Industrieverpackungen gefertigt werden – die anfallenden Späne dienen wiederum als Material für die Westerwälder Holzpellets. „Für diesen Brennstoff wird also kein Baum eigens gefällt“, beantwortet der WWP-Ingenieur eine der häufig gestellten Besucher-Fragen.

Die Besucher interessieren sich ebenso für die Versorgungssicherheit und vor allem die Preisentwicklung: „Lohnt es sich noch, eine Pelletheizung einzubauen?“, möchte ein Mann mittleren Alters erfahren. „Warum sind Pellets so im Preis gestiegen?“ „Was macht Ihr Unternehmen mit dem Geld?“, wollen weitere „Tage-der-offenen-Tür“-Gäste wissen.

Wo gehobelt wird, da fallen bekanntlich Späne. Und wo gesägt wird, ebenso. Dieses Nebenprodukt aus der SEO-Anlage wird nicht vernichtet, sonderen sinnvoll in der Pelletproduktion benutzt.

Gerade die Antwort zur letzten Frage beeindruckt die Gruppe: Daniel Rahn berichtet, dass der Pelletpreis aufgrund normaler Markt-Mechanismen – eine steigende Nachfrage sorgt für höhere Preise, da die Kapazitäten der Pelletproduzenten nicht so kurzfristig im selben Ausmaß vergrößert werden konnten – derzeit höher als zuvor sei, doch die WWP die Erlöse „nicht für eine Yacht des Chefs in der Südsee“ verwendeten. „Das Geld ist hier im Westerwald, im Betrieb“, betont Rahn. Denn stattdessen würden in naher Zukunft eine Trockenkammer für Holz, eine Umstapelanlage, ein Hobelwerk, eine Keilzinkanlage, eine weitere Sägelinie mit einer Blockbandsäge, die größere Durchmesser sowie Harthölzer schneiden kann, gebaut und in Betrieb genommen. Gesamtinvestitionen von über 18 Millionen Euro – finanziert aus den Erlösen des Pelletverkaufs – sorgten so dafür, dass die Veredelungstiefe der Holzprodukte aus Langenbach bei Kirburg erhöht werde und man auch auf die sich wegen des Klimawandels stark veränderte Liefersituation beim Rundholz noch besser einstellen könne. Zudem erhöhe eine weiter gesteigerte Effizienz der betrieblichen Abläufe die Nachhaltigkeit erheblich.

Während Daniel Rahn die Runde fortsetzt, etwas zum Qualitätsstandard der Westerwälder Holzpellets erklärt, die 9.000 Tonnen fassenden Silos zeigt oder die Gruppe einen Blick in den 1,5 Megawattstunden Strom fassenden Großspeicher werfen lässt, zieht es andere Besucher der „Tage der offenen Tür“ zu einer Weltneuheit, die bei der Veranstaltung ebenfalls besichtigt werden kann: Durchgängig wenden sich Besucher an Fahrer Ramon, um mit ihm im E-LKW der WWP eine Runde über das Firmengelände zu drehen und zu erleben, wie 700 vollelektrische PS den Lastwagen antreiben. Mit dem wird nunmehr auch die Auslieferung der Westerwälder Holzpellets CO2-arm gestaltet, weil weder auf dem Weg vom Werk zum Kunden noch beim Ausblasen der Pellets beim Kunden ein CO2-Ausstoß aus einem Dieselmotor entsteht.

In der “Halle 1” gibt es nicht nur die alte Werkstatt, sondern Wärme, Trockenheit und etwas zu essen.

Gut, dass es in der „Halle 1“ zahlreiche Tische und Bänke im Trockenen und Warmen gibt! Nach einer durchaus fordernden Stunde im Nassen sind die Teilnehmer der Touren mit Daniel Rahn und seinen Kollegen froh, sich bei Bratwurst wie veganen Speisen, bei Kaffee und Kuchen stärken zu können, derweil unterhalten von erstaunlich hochqualitativer Blasmusik. Die „Daadetaler Knappenkapelle“ hat auch ein 80er-Potpourri mit Welthits wie „Thriller“ oder „Eye of the Tiger“ drauf!

Nebenan läuft die von einer Dampfmaschine angetriebene Transmissionslinie in der historischen Werkstatt, und Dutzende WWP- und „MANN-Strom“-Mitarbeiter sind für Gespräche und Fragen zugegen.

Blick in den Turm der Windkraftanlage, die vier alte ersetzt, aber das Zehnfache leistet.

Die Exkursion zum in den Wolken verschwindenden Windrad ist einer der weiteren Programmpunkte.

Draußen vor der Halle steht unterdessen der „Hübbelbummler“ benannte Doppeldeckerbus bereit, der Interessierte mitnimmt zu einer Exkursion hinauf zum Groß-Windrad der Wäller Energiegenossenschaft. Die bei diesem windigen „Sauwetter“ unter Volllast laufende Anlage liefert im Jahr acht Millionen Kilowattstunden Strom und ist ein eindrucksvolles Beispiel für „Repowering“: Das Windrad ersetzt heute vier Altanlagen, liefert aber zehnmal so viel Energie wie die vier Vorgänger und zeigt, welche fortschrittliche Entwicklung „die Erneuerbaren“ gemacht haben, seit der Speditionskaufmann und Betriebswirt Markus Mann 1991 aus Bremen zurückkehrte in den Westerwald, das erste Windrad oberhalb Langenbachs aufbaute, das am Anfang der Unternehmensgeschichte – wie der Führungen bei den „Tagen der offenen Tür“ – stand.

Uwe Schmalenbach

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Firmenlauf Bad Marienberg 2022

„Endlich wieder gemeinsam!“ – unter diesem Motto startete nach drei Jahren Pause endlich wieder der wohl größte Firmenlauf der Region am 9. September in Bad Marienberg. Viele regional ansässige Firmenteams waren zum Laufen, Feiern und Leute treffen gekommen. So auch unsere MANNschaft.

Der auf drei Runden aufgeteilte, insgesamt 5 Kilometer lange Rundkurs wurde von den Mitstreitern ganz unterschiedlich angegangen. Bei manchen galt die sportliche Höchstleistung mit Kampf um Platzierungen und Bestzeiten, bei anderen wiederum zählte mehr der Gedanke: Dabeisein ist alles.

Wie auch immer, unsere 26 MANNschafts-Kolleginnen und -Kollegen hatten sichtlich Spaß, was auch das nasse Wetter nicht wirklich trüben konnte.

Fotos von der Laufstrecke: Fotostudio Röder-Moldenhauer

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Strom von MANN hilft der E-Mobilität in Bonn

Nicht nur beim „Anschub-Sponsoring“ der ersten Biogasanlage auf dem Hubertushof von Matthias Müller (siehe Seite 2): Immer wieder hilft der von „MANN Naturenergie“ gelieferte Ökostrom, innovative Projekte zu fördern, die die Energiewende voranbringen. Ein aktuelles Beispiel ist die finanzielle Unterstützung für neue Ladeinfrastruktur im Bereich der Stadtwerke Bonn (SWB).

„BonnNatur Strom“ ist das Produkt der Stadtwerke in der Bundesstadt am Rhein, das zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen stammt. „MANN Naturenergie“ ist Partner von „BonnNatur Strom“ und trägt dafür Sorge, dass jede in Bonn bezogene Kilowattstunde sich stets vollständig aus Wind- und Sonnenenergie sowie mittels Wasserkraft erzeugter elektrischer Energie speist.

Der Westerwälder Energieversorger ist ein „Label-Nehmer“ von GSL: Das „Grüner-Strom-Label“ garantiert Ökostrom zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energiequellen. Ein Umetikettieren von Atomstrom ist ausgeschlossen. GSL wacht im Prinzip zusätzlich zu MANN darüber, dass der Grünstrom „echter“, also physikalisch gekoppelter ist – und nicht nur auf dem Papier durch bilanzielle Darstellung „grün“ wird.

Außerdem kann mit dem Strom, den MANN unter dem GSL-Siegel liefert, immer wieder die Energiewende vorangebracht werden: Ein Teil des Preises für den MANN-Strom mit GSL-Siegel geht in die Förderung und den Ausbau der regenerativen Energienutzung. GSL hat dafür Kriterien aufgestellt, Wirtschaftsprüfer kontrollieren, dass die Mittel nur anhand derer verwendet werden.

Im Fall von „BonnNatur Strom“ werden aktuell durch die Kooperation mit „MANN Naturenergie“ 20 Prozent der Kosten für neue Ladeinfrastruktur für die Elektromobilität über GSL gefördert. Und das sogar unabhängig davon, ob es daneben eine weitere Förderung gebe, vom Land Nordrhein-Westfalen etwa, wie Thomas Solbach vom Vertrieb bei „MANN Naturenergie“ darlegt.

Die Bonner Stadtwerke unterstützen mit dem Programm sowohl den Aufbau öffentlicher Ladepunkte, die die Stadt selbst an diversen Plätzen aufgestellt hat und im laufenden Jahr noch platzieren wird. 260 sollen es im Stadtgebiet bis Ende 2022 sein, hinzukommen werden laut Unternehmensangaben bis dahin 14 öffentliche DC-Schnelllader. Ebenso profitiert jedoch der private Endkunde, der eine Wallbox in seine Garage oder an die Hauswand schrauben lassen möchte. Auch Heimanlagen werden mit 20 Prozent bezuschusst, wie Thomas Solbach hervorhebt.

Yvonne-Ina Feldger

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Gülle reduziert CO2-Bilanz auf dem Hubertushof

Matthias Müller lebt seit der Gründung des Aussiedlerhofs vor 50 Jahren dort.

Wenn man den zehn Kilometer langen Prädikats-Rundweg „Hohe Hahnscheid“ wandert und auf dieser „WällerTour“ rund um die 433 Meter hohe, markante Erhebung im reizvollen oberen Westerwald unterwegs ist, die dem Pfad seinen Namen gibt, dann erblickt man kurz vor der Rückkehr zum Startpunkt in Irmtraut den Hubertushof. Vielleicht bemerkt man dessen auffällig bunte Biogasanlage. Was man im Vorbeilaufen gleichwohl nicht sieht: Der Milchviehbetrieb hat eine umfassende Klimabilanz, und ausweislich derer einen vergleichsweise geringeren CO2-Fußabdruck. Hauptgrund dafür ist ausgerechnet die Biogasanlage, zu deren Entstehung einst eine Förderung von „MANN Energie“ beitrug.

Vor 50 Jahren wurde der heutige Hubertushof als Aussiedlerhof am nördlichen Rand der Ortsgemeinde Irmtraut gegründet. Während das Vieh in vielen Wäller Ställen seine Tage seinerzeit noch angebunden verbringen musste, wurde auf dem Hubertushof schon damals der erste Boxenlaufstall des Westerwaldes errichtet. Seither habe das Thema Tierwohl natürlich immer mehr Bedeutung erhalten, betont Landwirt Matthias Müller, Sohn der Hof-Gründer. So wurden die Stallungen immer wieder vergrößert, damit die Tiere zusehends mehr Platz erhielten. Sie entscheiden jederzeit, wann sie fressen gehen oder sich in eine der Liegeboxen zurückziehen.

Der Wanderer trifft auf dem Rundweg “Hohe Hahnscheid” auf den Hubertushof.

Lebten zu Beginn 60 Milchkühe auf dem Hubertushof und auf dem zuvor im Dorf beheimateten Vorgängerbetrieb erst 30, werden heute knapp 300 Tiere bei Matthias Müller gefüttert, gemolken, betreut. Im Schnitt der Herde 30 Liter Milch gibt eine Kuh am Tag – es seien Hochleistungslebewesen, hebt Müller hervor, die entsprechend gutes Futter benötigen.

Einst wurde noch mit Heu gefüttert, längst ist diese Nahrung durch Gras- und Maissilage aus eigenen Fahrsilos abgelöst worden, die eine höhere Energiedichte liefert. Die Ausgangspflanzen werden auf den 250 zum Hubertushof gehörenden Hektar Land angebaut, er deckt den gesamten Grundnahrungsbedarf der Milchkühe selbst. Anstelle von Sojaschrot aus Amerika oder Brasilien, das sowohl hinsichtlich möglicher Gentechnik als auch des CO2-Fußabdrucks und der oft im Zusammenhang stehenden Regenwaldabholzung bedenklich ist, bekommen die Milchkühe Reststoffe aus heimischer Rapsölproduktion als hochwertiges Eiweißfutter zusätzlich, ebenso Zuckerrübenschnitzel und Biertreber. Somit erfolgt über die Tiermägen außerdem eine sinnvolle Resteverwertung

Im Jahr 2000 wurde auf dem Anwesen am Rand von Irmtraut nicht nur ein weiterer Kuhstall neu errichtet, zudem entstand die erste Biogasanlage. Ein Grund für den Bau sei seinerzeit gewesen, Ärger aufgrund der Geruchsbelästigung durch das Ausbringen frischer Gülle zu vermeiden, erzählt Matthias Müller: „In der Biogasanlage wird die Gülle vergoren. Vergorene Gülle stinkt nicht mehr so wie die frische. Sie wird zudem ein effizienterer Dünger, da durch das Vergären ein besserer Nährstoffgehalt entsteht.“

Allerdings sei die Technologie für das Vorhaben damals noch relativ teuer gewesen, blickt der Landwirt zurück. Bei einer Beratung empfahl man ihm, sich deswegen auch mit der Möglichkeit zu befassen, mit der vergorenen Gülle „grüne Energie“ zu produzieren. „Nicht nur, um die Kosten aufzufangen, sondern irgendwann vielleicht sogar etwas Geld damit zu verdienen.“

Die Künstler Carl Kenz aus Kaiserslautern und Kram aus Barcelona haben mit ihrem “Mural” auf diesem Gülle-Vorratsbehälter auf dem Hubertushof eine kritische Betrachtung zur Milchwirtschaft geschaffen. Matthias Müller gefällt das. Foto: Schmalenbach

Eine Förderung des Landes Rheinland-Pfalz für Pilotanlagen half dem Landwirtschaftsmeister. Zudem gab es einen Zuschuss von „Naturstrom Rheinland-Pfalz“: Diesen hatte „MANN Naturenergie“ gemeinsam mit der Koblenzer Elektrizitätswerk und Verkehrs-AG gegründet (der Langenbacher Energieversorger ging allerdings ab 2007 komplett eigene Wege). „MANN konnte mithilfe von Einnahmen aus dem Verkauf von mit dem ‚Grüner Strom Label‘ zertifizierter Energie über ‚Naturstrom‘ ein so innovatives Projekt sponsern“, erinnert sich Firmenchef Markus Mann.

Und so ging die erste Biogasanlage auf dem Hubertushof bald darauf in Betrieb, verringerte nicht nur die Geruchsbelästigung durch die Gülle, sondern erzeugte über einen vom daraus entweichenden Gas angetriebenen Motor außerdem 55 Kilowatt (kW) elektrische Energie! Zwar habe sich das Projekt die ersten zwei, drei Jahre noch nicht gerechnet, doch mit einer später geänderten Einspeisevergütung wurde Biogas-Strom vom Hubertushof irgendwann sogar ein wirtschaftlich interessanter Erwerbszweig, berichtet Matthias Müller: „So ist Energieerzeugung mittlerweile ein zweites Standbein neben der Milch.“

Die aktuelle, 2016 neugebaute Biogasanlage liefert sogar 75 kW. Die Gülle kommt aus vier Lagerbehältern, die vom Stall aus befüllt werden. Die alte Biogasanlage wurde ebenfalls zur Lagerstätte umgenutzt. 20 bis 25 Kubikmeter Gülle am Tag treiben die Vorrichtung an, außerdem wird etwas Strohmist zum Beispiel aus dem Abkalbbereich hinzugegeben.

Die Effizienz der Anlage sei inzwischen natürlich erheblich besser als bei Beginn, führt der Hofchef aus. Die Hinterlassenschaften der 300 Kühe reichen vollständig aus, um die 75 Kilowatt hervorzubringen – es wird auf dem Hubertushof darum keinerlei Mais in der Biogasanlage „verfeuert“! Es gelingt, die notwendige Prozesstemperatur von 40 Grad, auf die die mit zehn bis 15 Grad ankommende Roh-Gülle zum Vergären gebracht werden muss, alleine mithilfe der Abwärme des vom Methan aus der Gülle angetriebenen Gasmotors zu erreichen. Zwei zum Hof gehörende Wohnhäuser werden, genauso wie die im Winter temperierte Melkanlage, über Fernwärmeleitungen ebenfalls mit der Abwärme aus der Biogasanlage beheizt. „Dadurch sparen wir seit zwei Jahrzehnten das klimaschädliche Heizöl ein!“, stellt Matthias Müller heraus.

Matthias Müller hat 2016 die ohnehin starke regionale Verankerung des Betriebs auch im Biogasbereich forciert: Zwei Kollegenbetriebe in den Nachbarorten Ailertchen und Hellenhahn hätten nach Absprache in dem Jahr die gleiche Technik aufgebaut, „so dass wir uns gegenseitig etwas aushelfen können.“

Es ist schon beeindruckend, welche technologischen Aspekte der „veredelten Gülle“, wie Matthias Müller es formuliert, für eine weniger klimaschädliche Landwirtschaft sorgen: Auch beim Ausbringen der vergorenen Gülle mittels speziell dafür angeschaffter Technik ergebe sich ein Vorteil. Sie werde direkt am Boden in Reihen abgelegt und nicht breitflächig darauf gesprüht. Dadurch minimiere man Nährstoffverluste und spare an anderer Stelle Mineraldünger ein. GPS-Technik an den Maschinen und zwei Traktoren mit Lenkautomat erlaubten es, „bei 24 Metern Arbeitsbreite auf den Zentimeter genau zu fahren!“

Nicht nur diese Biogasanlage produziert “grünen Strom” auf dem Hubertushof: Eine 99 Kilowatt leistende Photovoltaikanlage wurde 2012 zusätzlich installiert. Sie deckt 30 Prozent des Stromverbrauchs im Betrieb.

Man merkt: Der Hofherr (der die Betriebsleitung inzwischen seinem Schwiegersohn übertragen hat) macht sich eine Menge Gedanken darum, wie hocheffiziente Landwirtschaft, die zur Stillung unseres großen Lebensmittelbedarfs derzeit noch unverzichtbar ist, ökologisch besser werden kann, selbst wenn es sich nicht um einen Biobetrieb handelt. So hat Müller Klimabilanzen des Hubertushofs anhand zweier verschiedener Modelle erstellen lassen. Darin finden sich Handlungsempfehlungen, wie sich die Effizienz des Betriebs noch steigern lasse, ohne aber mehr Energie zu verbrauchen, was den CO2-Fußabdruck des Bauernhofs in der Verbandsgemeinde Rennerod weiter senken soll. Sein Ziel sei es, unterstreicht Müller, den derzeit noch bei 757 Gramm Kohlendioxid liegenden Fußabdruck für die Herstellung eines Kilogramms Milch im kommenden Jahr auf 728 Gramm zu verringern.

Eine Urkunde der Landwirtschaftskammer bescheinigt dem Landwirt, dass seine gesamtbetriebliche Klimabilanz “sauber” nach wissenschaftlichen Standars erstellt worden ist.

In den beiden Klimabilanzen des Hubertushofs finden etliche Faktoren Berücksichtigung, das Alter der benutzten Maschinen geht ebenso ein wie der Kraftfutteranteil, die Milchleistung der Kühe oder deren „Nutzungsdauer“. Ein Ergebnis der vor einem Jahr erstellten Auswertung: Der CO2-Fußabdruck der Milcherzeugung auf dem Hubertushof war mit exakt 757 Gramm CO2 je Kilogramm Milch schon zuvor 20 Prozent kleiner als in Vergleichsbetrieben. Eine Hauptursache dafür, so hält es die von der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz betreute „Klima Farm Bilanz“ fest, sei „die zügige Überführung der anfallenden Gülle in die Biogasanlage. Dadurch werden Emissionen aus der Güllelagerung vermieden.“

Schon vor der offiziellen Klimabilanz hat Matthias Müller versucht, die Umweltbelastung der Landwirtschaft stetig zu verringern. Ein Beispiel dafür ist die Nutzung des Trinkwassers für die Kühe aus einem eigenen Brunnen: Dieses wird zunächst durch einen mit der Milchkühlung verbundenen Wärmetauscher geleitet. Das Wasser entzieht Wärme, seine anschließend erhöhte Temperatur sei für die Kühe sogar vorteilhaft. Für die Kühlung der Milch braucht im Gegenzug weniger Strom aufgewendet zu werden, der Wärmetausch bringt eine Abkühlung von zehn auf vier Grad Celsius. Eine Wärmerückgewinnung an der Kühlanlage produziert zusätzlich heißes Wasser zum Spülen der Apparatur.

„Solche Dinge haben wir schon vor der Klimabilanz gemacht, aber mich interessieren die Stellschrauben, wo wir in Zukunft noch mehr machen können. Das zeigen uns die Analysen. Darum habe ich an dem Beratungsprogramm teilgenommen“, erläutert Matthias Müller seinen Antrieb. Die Nutzungsdauer der Kühe auf 32 Monate zu verlängern ist eine Empfehlung der „Farm Klima Bilanz“. Mit dieser Maßnahme sowie bei weiterer Reduzierung des Stickstoffüberschusses auf Futterflächen würden weitere 84 Tonnen CO2 eingespart. Zum Vergleich: Dafür müssten 270 Dreipersonenhaushalte ein Fünftel ihres Stromverbrauches reduzieren.

Zweieinhalb bis drei Millionen Liter Milch im Jahr geben die Kühe von Matthias Müller. Doch inzwischen ist „grüner Strom“ aus deren Ausscheidungen daneben ein weiterer „richtiger“ Wirtschaftszweig geworden – auch dank der ursprünglichen Förderung der ersten Anlage: Im Jahr produziert der Hubertushof 600.000 Kilowattstunden „grünen Strom“ aus Methan-Gas.

Uwe Schmalenbach

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Energiegenossenschaften leisten einen wichtigen Beitrag für die Energiewende

Laura Zöckler (Foto: Bürgerwerke AG)

Die Transformation unserer Energieversorgung ist vor allem eine gesellschaftliche Herausforderung, sagt Laura Zöckler, Vorstandsmitglied der Heidelberger Energiegenossenschaft (HEG). Sie funktioniere nur, wenn die Menschen mitgenommen werden. Bei einer Energiegenossenschaft ist das möglich, „wir sind kein anonymer Konzern“.

Frau Zöckler, Sie sind Vorstandsmitglied der Heidelberger Energiegenossenschaft. Warum sollte es eine Energiegenossenschaft sein?

Erneuerbare Energien sind schon lange Teil meines Lebens, auch wenn ich das erst später erkannt habe. Durch meine älteren Geschwister hatte ich schon sehr früh gehört, dass eigentlich Erneuerbare die Lösung sind und war deswegen sehr aufgeschlossen. Ich hatte auch mal angefangen, Physik zu studieren, um damit später im Bereich der Energiewende etwas beitragen zu können. Als ich dann nach Heidelberg zum Studium gezogen bin, habe ich an einem Workshop teilgenommen, bei dem ich eine Stellwand über die Heidelberger Energiegenossenschaft und andere nachhaltige Initiativen gesehen habe. Also bin ich kurze Zeit später bei der HEG vorbeigegangen und seitdem dort geblieben. Erst habe ich freiwillig im Projektteam mitgearbeitet. 2018, genau einen Monat nachdem ich mein Politikwissenschaft-Studium beendet hatte, bin ich in den Vorstand bestellt worden.

Bei der HEG arbeiten Sie mittlerweile im Bereich Presse und Kommunikation. Warum gerade hier?

Während meines Studiums habe ich viel mit Kommunikation jeglicher Art zu tun gehabt, das liegt mir. Zum Planen für Anlagen und ähnliches gab es bei der HEG schon viele helfende Hände. Die Arbeit der Genossenschaft aber auch in der Öffentlichkeit stärker zu zeigen – da habe ich noch mehr Potential gesehen, deswegen wollte ich mich hier einbringen. Es gibt diverse Energiegenossenschaften, die super coole Projekte umsetzen, aber kaum darüber reden. Dann kriegt es aber auch niemand mit. Das wollte ich bei uns verhindern. Kaum zu glauben, aber mittlerweile mache ich das seit zehn Jahren. Es macht einfach Spaß, über eine gute Sache zu reden, hinter der man zu 100 % steht. 

Warum hat man sich damals für eine Genossenschaft entschieden und nicht für eine andere Rechtsform?

Für Solarprojekte ist die Genossenschaft in Deutschland eine der typischen Rechtsformen. Das liegt vor allem daran, dass es eigentlich die demokratischste Unternehmensform ist, die es so gibt. Bei uns zum Beispiel kann man schon ab 100 Euro Mitglied werden, bei manchen Genossenschaften sind es 250 Euro, aber generell sind die Beiträge relativ gering. Außerdem spielt es erstmal im Gegensatz beispielsweise zur Aktiengesellschaft keine Rolle, wie viel Geld man als Mitglied der Genossenschaft zahlt: Jedes Mitglied hat genau eine Stimme in der Generalversammlung. Das heißt, jeder und jede hat unabhängig von der Höhe seiner Investition das gleiche Mitspracherecht, um Belange der Genossenschaft mitentscheiden zu können. Es gibt zwar auch simplere Rechtsformen wie zum Beispiel bei Windparks, die öfter als GbR geführt werden. Hier sind es weniger Beteiligte und der Jahresabschluss ist nicht so komplex. Bei der Genossenschaft hingegen ist die Verwaltung aufwendiger, wird werden beispielsweise sehr genau durch den Verband. Geprüft. Das ist zwar in der Vorbereitung aufwendig, aber auch sehr gut, denn es führt dazu, dass Genossenschaften quasi nicht insolvent gehen.

Mittlerweile zählt die HEG weit über 1000 Mitglieder. Wirkt sich die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger konkret auf die Akzeptanz der Erneuerbaren in der Region um Heidelberg aus?

Laura Zöckler mit Kollegen (Foto: Heidelberger Energiegenossenschaft)

Wir haben aktuell 1.036 Mitglieder und es kommt pro Woche etwa eine Handvoll hinzu. Wir erleben seit vielen Jahren einen wirklich großen Zuspruch. Ich kann jetzt aber für Heidelberg natürlich nicht sagen, wie es ohne unsere Genossenschaft wäre. Aber es gibt natürlich viele Studien, die sich mit der Akzeptanz von Erneuerbare-Energien-Projekten auseinandersetzen. Die zeigen, dass die Akzeptanz steigt, wenn Menschen sich vor Ort beteiligen können und auch das Gefühl haben, ernsthaft gehört zu werden. Gerade auch bei Windenergieanlagen sieht man, dass bei einer inhaltlichen und finanziellen Beteiligung der Menschen der Widerstand deutlich abnimmt. Wenn wir mit Menschen ins Gespräch kommen, zum Beispiel an einem Marktstand oder über Social Media, erfahren wir letztendlich nur Zustimmung. Akteure vor Ort, wie Genossenschaften oder auch andere Initiativen, die sich mit Erneuerbaren Energien beschäftigen, können die Bedenken, die es bei Menschen vielleicht noch gibt, wirklich extrem gut auflösen und leisten viel Aufklärungsarbeit. Wir setzen die Projekte konkret um, bei uns kennt man die Menschen, die dahinter stehen. Wir sind kein anonymer Konzern. Wir steigern die regionale Wertschöpfung und die Renditen fließen an unsere Mitglieder zurück, also an die Menschen, die quasi neben den Anlagen wohnen oder die am Wochenende daran vorbeispazieren können. Wir werden die Energiewende nur schaffen, wenn die Menschen mitmachen, denn technologisch sind die Lösungen ja da. Es ist eine gesellschaftliche Herausforderung, diese Transformation rechtzeitig zu schaffen, und das funktioniert eben nur, wenn die Menschen mitgenommen werden und das ermöglichen wir Energiegenossenschaften.

Sie engagieren sich auch bei den Bürgerwerken, einem bundesweiten Zusammenschluss von Energiegenossenschaften. Wie kam es dazu?

Eigentlich habe ich mir schon in jungen Jahren geschworen, dass ich niemals Werbung für etwas machen würde. Ich sah Werbung immer kritisch, weil sie oft nur sinnlosen Konsum antreibt. Und jetzt mache ich quasi Vollzeit Werbung für die Energiewende in Bürgerhand. Ich bin 2015 als Praktikantin und Werkstudentin zu den Bürgerwerken gekommen. Nach meinem Studium wurde ich übernommen. Nun arbeite ich 70 Prozent bei den Bürgerwerken und den Rest der Zeit bei der HEG. Das ist wunderbar, denn ich weiß jeden Tag, wofür ich aufstehe, und kann mit meiner Arbeit die Welt ein bisschen besser machen.

Was ist das Besondere an den Bürgerwerken?

Die Bürgerwerke wurden 2013 als genossenschaftlicher Energieversorger gegründet. Neun Energiegenossenschaften hatten sich dazu zusammengeschlossen, darunter wir von der HEG. Als Genossenschaft bauen wir die Anlagen, erzeugen den Strom und speisen den Strom ins Netz. Wir hatten aber von Anfang an den Wunsch, einen Kreislauf aufzubauen, damit die Genossenschaft ihren Mitgliedern und auch anderen Menschen in der Region den erneuerbaren Strom auch selbst liefern kann. Dieser Vorgang ist jedoch ziemlich komplex. Viele arbeiten in den Energiegenossenschaften meist im Ehrenamt und ein solches System und das notwendige Kapital aufzubauen, schafft man unter diesen Rahmenbedingungen nicht. Deshalb haben wir uns getreu dem genossenschaftlichen Prinzip ‚Was einer nicht schafft, das schaffen viele‘ 2013 mit acht Energiegenossenschaften zusammengeschlossen und die Bürgerwerke als Dachgenossenschaft gegründet. Die Bürgerwerke sind also auch eine Energiegenossenschaft, nur dass hier nicht einzelne Menschen die Mitglieder sind, sondern die Energiegenossenschaften.

Mittlerweile sich 100 Energiegenossenschaften aus ganz Deutschland Mitglied bei den Bürgerwerken. Und diese können nun über die Bürgerwerke Menschen mit erneuerbarem Strom und Gas versorgen. Die Bürgerwerke übernehmen alle Aufgaben eines Energieversorgers und die Genossenschaften können vor Ort weiter ihre Arbeit machen. Mit den Einnahmen decken die Bürgerwerke ihre laufenden Kosten und was übrigbleibt, wird an die Energiegenossenschaften zurückgegeben. Das wiederum sichert uns feste Einnahmen, die wir in Personal und neue Projekte fließen lassen können.

Im März starten die Bürgerwerke eine Crowdinvesting-Kampagne. Wie werden solche Angebote angenommen?


Wir haben 2017 bereits ein erfolgreiches Crowdinvesting durchgeführt. Seitdem wurden wir immer wieder von Unterstützer*innen gefragt, wann man sich denn wieder auch finanziell an den Bürgerwerken beteiligen kann. Deshalb haben wir uns für ein neues Crowdinvesting entschieden, das am 1. März startet. Viele Menschen suchen nach nachhaltigen, vernünftigen Investitionsmöglichkeiten. Sie wissen, dass bei fast jeder Bank irgendwie auch Kohle und Atomkraft mitfinanziert werden und das Zinsniveau weiterhin sehr niedrig ist. Das trägt alles dazu bei, dass die Nachfrage bei uns steigt. Und das ist ja genau die Idee der Bürgerenergie: So viele Menschen wie möglich an der Energiewende beteiligen.

Mit Blick auf Bürgerwerke und Energiegenossenschaften – würden Sie den Satz unterschreiben: „Erneuerbare Energien demokratisieren im Gegensatz zur Atomkraft und Kohle die Energieversorgung.“?

Laura Zöckler (Foto: Heidelberger Energiegenossenschaft)

Ja absolut, denn mit Erneuerbaren Energien kann eben jede und jeder einen Beitrag leisten – durch Mitgliedschaft in einer Energiegenossenschaft oder auch mit einer Solaranlage auf dem eigenen Dach beziehungsweise mit einem Modul auf dem Balkon. Ein Balkon-Atomkraftwerk gibt es ja bisher nicht, auch wenn manche das angeblich gern hätten. 

Klar, auch eine große Solaranlage kann man nicht unbedingt allein finanzieren, aber wenn man sich zum Beispiel zu einer Genossenschaft zusammentut, kann man dies gemeinsam tun und demokratisch über die eigene Energieversorgung mitbestimmen. Eine Beteiligung von Bürger*innen an fossilen oder atomaren Projekten ist schon aufgrund der hohen Investitionssummen eigentlich kaum möglich und ehrlicherweise war etwas Derartiges auch nie gewollt. Ich kenne auch niemanden, der sich direkt an einem Kohlekraftwerk beteiligen möchte.

Keine 30 Kilometer südlich von Heidelberg war bis 2019 das Atomkraftwerk Philippsburg in Betrieb. Hat die räumliche Nähe zur Atomkraft bei der Gründung der HEG oder bei Ihrem persönlichen Engagement für die Energiewende eine Rolle gespielt?

Bei mir selbst nicht, weil ich ursprünglich nicht aus Heidelberg komme, sondern aus Hessen. Da war Biblis näher. Ich lebte aber nie so nah dran, dass ich es als direkte Bedrohung wahrgenommen hätte, das war eher abstrakt. Wenn man in Heidelberg oben beim Schloss ist, sieht man bei gutem Wetter das Kohlekraftwerk in Mannheim und in der anderen Richtung Philippsburg. Da hat man ganz plastisch vor Augen, was man nicht will und wo der Weg hinführen muss. Ich und meine Mitstreiter*innen hätten die Energiegenossenschaft aber auch ohne ein Atomkraftwerk in der Nähe gegründet. Wir wissen, dass die Energiewende notwendig ist.

Man könnte leicht den Eindruck gewinnen, dass nur Deutschland Konsequenzen aus der Katastrophe von Fukushima vom März 2011 gezogen hat. Sie waren bei dem Unglück Studentin – können Sie sich noch daran erinnern, wie es Ihnen damals ging, als Sie die Bilder sahen?

Ja total, ich war beim Zahnarzt und habe dort die Nachrichten im Radio gehört. Am nächsten Tag bin ich mit Kommilitoninnen eine Woche in den Urlaub gefahren und ich habe tatsächlich fast die komplette Woche vor dem Fernseher verbracht. Die anderen haben Filme geguckt und Spaß gehabt – für mich war das einfach nur dystopisch. Tschernobyl war zwar vor meiner Geburt, aber ich wusste, was da passiert ist und wie gefährlich die Atomkraft ist. Aber, dass ich mit eigenen Augen live mitverfolgen würde, wie das Atomkraftwerk in Fukushima in sich zusammenfällt und alles verstrahlt, war für mich kaum fassbar.

Was könnte in den kommenden vier Jahren getan werden, um den Energiegenossenschaften die Arbeit zu vereinfachen?

Ein wichtiger Schritt wäre, die Komplexität und Bürokratie zu reduzieren. Das EEG umfasste mal wenige Seiten. Jetzt ist es auf hunderte angewachsen. Wenn man im Ehrenamt arbeitet, so wie es viele bei den Energiegenossenschaften tun, und keine eigene Rechtsabteilung hat, dann kann man sich mit solchen umfangreichen Gesetzgebungen und Änderungen kaum ausreichend auseinandersetzen. Wir haben zum Beispiel mit der HEG 2013 eines der ersten genossenschaftlichen Mieterstromprojekte umgesetzt. Wir hatten uns durchgewurstelt, weil wir damals so verrückte Studis waren. Wir wurden mit Auszeichnungen quasi überschüttet – neun Jahre danach sind solche Projekte für die meisten Genossenschaften und auch andere Akteure immer noch zu komplex. Obwohl die HEG ihr Wissen und ihre Erfahrungen regelmäßig in Mieterstrom-Workshops weitergibt. Das ist echt ein Problem, denn gerade in den Städten brauchen wir solche Modelle: Hier wohnen viele Bürger*innen in gemieteten Wohnungen und haben ungenutzte Dächer über sich. Wir müssen die Energiewende in die Breite bekommen, Solaranlagen auf Eigenheimen reichen nicht. 

Außerdem wäre es wichtig, dass Deutschland jetzt, wie angekündigt, auch tatsächlich die EU-Richtlinie zum „Energy-Sharing“ umsetzt. Die alte Regierung war hier ja nicht so aktiv, aber ich bin ganz guter Dinge, dass es jetzt in die richtige Richtung geht. Weil die aktuelle Regierung schon aus Grundüberzeugung heraus mehr Lust haben sollte, Energiewende zu ermöglichen. Also ich glaube nicht, dass das jetzt super easy wird, aber ich hoffe, dass es auf jeden Fall an einigen Stellen einfacher wird. 

Manchmal weiß man bei der ganzen Bürokratie nicht mehr, ob hier ein guter Wille dahintersteckte und es dann schiefgelaufen ist oder ob das wirklich aktiv gemacht wurde, um kleine Akteure auszubremsen. Die neue Regierung sollte einfach mal in die Gesetze reinschauen und überlegen, wo man Dinge vereinfachen könnte, damit wäre schon viel getan, für die Energiegenossenschaften und für andere Akteur*innen auch.

#ErneuerbarStattAtomar

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„Wo in Europa könnte man wohnen, dass man garantiert von keinem AKW betroffen ist, vielleicht Island?

Jutta Paulus, Abgeordnete für die Grünen beim EU-Parlament

Interview

"Wo in Europa könnte man wohnen, dass man garantiert von keinem AKW betroffen ist?"

Ende 2022 gehen die drei letzten deutschen Atomkraftwerke vom Netz. Jutta Paulus », Abgeordnete für die Grünen beim EU-Parlament, spricht mit uns » über das geplante EU-Zertifikat für nachhaltige Finanzprodukte, heimischen Uran-Abbau und Haftungsversprechen für havarierte Atomkraftwerke im europäischen Ausland.

„Wo in Europa könnte man wohnen, dass man garantiert von keinem AKW betroffen ist, vielleicht Island?

Ende des Jahres gehen die drei letzten Atomkraftwerke in Deutschland vom Netz. Doch die Atomenergie ist damit nicht vom Tisch. Jutta Paulus, Abgeordnete für die Grünen beim EU-Parlament, spricht mit uns über das geplante EU-Zertifikat für nachhaltige Finanzprodukte, Uran-Abbau in Deutschland und Haftungsversprechen für havarierte Atomkraftwerke im europäischen Ausland.

Frau Paulus, am 31.12.2021 gingen drei weitere deutsche Atomkraftwerke vom Netz. Wo waren Sie und was ging in Ihnen vor?

Ich war tatsächlich aufgrund der Pandemie zuhause. Leider, sonst wäre ich wohl zu einer Abschiedsparty gefahren. Es gab zwar diverse Mahnwachen, aber eine wirkliche Party gab es leider nicht.

Sie sind in Gießen geboren. Im Umkreis von 260 Kilometer gab es drei Atomkraftwerke. Hat das für Sie als Kind und als Jugendliche eine Rolle gespielt?

#ErneuerbarStattAtomar

In meiner Kindheit und Jugend habe ich mich eigentlich wenig mit dem Thema Atomkraft auseinandergesetzt. Das kam erst mit dem Reaktorunfall in Tschernobyl wie ein Paukenschlag. Damals war ich gerade kurz vor dem Abitur. Für mich war das wirklich eine Zäsur und es hat meine Haltung zur Atomenergie selbst nachhaltig verändert. Eigentlich bin ich eher naturwissenschaftlich orientiert und hatte den Beteuerungen der Atomtechniker, dass man alle Sicherheitsmaßnahmen ergriffen hatte, geglaubt. Und dann geht so ein Reaktor hoch und man erfährt es auch erst Tage später. Mein damaliger Freund, Physiker, hatte damals gesagt: ‚Ich bin heute bei uns im Institut nicht hereingekommen, weil die Strahlenschleuse angeschlagen hat.‘ Er war durch den Regen zur Arbeit gelaufen. Etwas, was mich in diesem Zusammenhang ebenfalls sehr beunruhigt und mein Vertrauen in die Politik nachhaltig erschüttert hat, war die Aussage des damaligen Innenministers. Er sagte, die Strahlung mache mehr oder minder an der deutschen Grenze halt, es bestehe keinerlei Gefahr.

Die letzten Atomkraftwerke in Deutschland sollen nun in diesem Jahr stillgelegt werden, wie denken Sie darüber?

Eins davon ist Neckarwestheim, bei entsprechendem Wetter kann ich von meinem Balkon aus die Dampfwolke sehen. Da denke ich immer: ‚Mein Gott, die drei noch, hoffentlich halten sie so lange durch.‘ Gleichzeitig bin ich erleichtert und verspüre Bedauern, denn einer der stärksten Kämpfer, der zwar nicht Mitglied meiner Partei war, aber sehr viel zu diesem Ziel der Abschaltung beigetragen hat, Jochen Stay, wird das nicht mehr erleben, da er vor wenigen Tagen gestorben ist. Das ist wirklich sehr, sehr schade, weil Jochen sich wie kaum ein anderer für den Atomausstieg eingesetzt und auch nicht lockergelassen hat, als wir alle nach dem ersten Atomausstieg unter Rot/Grün dachten, es sei gelungen. Jochen war einer der wenigen, die gesagt haben: ‚Wartet ab, das kriegen wir wieder auf den Tisch gelegt. Sie arbeiten schon am Roll-Back‘. Und er hat recht gehabt.

Könnte das nochmal passieren?

Ich glaube, diese Gefahr ist jetzt gebannt. Es wird niemand mehr in Deutschland ein AKW bauen wollen. Ich bin wirklich froh, dass wir jetzt wirklich aus dem Betrieb der Atomkraftwerke rausgehen. Aber natürlich haben wir noch das Problem mit dem Endlager und wir haben immer noch die schwachradioaktiven Abfälle, für die wir auch noch keine wirkliche Lösung haben. Ganz zu schweigen von unseren Uran-Fabriken. Eigentlich ein Unding, dass ein Land, das selbst aus dieser Hochrisikotechnologie aussteigt, weiterhin zehn Prozent der Welt mit radioaktivem Brennstoff versorgt.

Gleichzeitig sorgt die EU-Kommission mit der Taxonomie für Furore, dass ausgerechnet Atomenergie in die Liste der „nachhaltigen“ Energieformen, die für Investoren interessant sein dürfte, aufgenommen werden soll. Ist das nicht absurd?

Die eigentliche Taxonomie-Verordnung ist im Dezember 2019 zwischen Rat und Parlament ausgehandelt worden. Man hat sich in der Taxonomie-Verordnung selbst auf bestimmte Kriterien, nach denen eine Tätigkeit als nachhaltig eingestuft werden kann, geeinigt. Dazu gehören sogenannte Umweltziele, wie Klimaschutz, Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung sowie etwa Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität, die nicht negativ beeinflusst werden dürfen. Wir waren uns damals aber einig, dass wir als Parlamentarier nicht die entsprechenden nachhaltigen Technologien auflisten. Das sollte eine Expertengruppe nach der Auswertung wissenschaftlicher Studien vorschlagen und die Kommission sollte diese dann in einem sogenannten delegierten Rechtsakt in die Taxonomie aufnehmen. Die Expertengruppe hat sehr lange – auch schon im Vorfeld – daran gearbeitet.

Im Frühjahr 2021 gab es dann einen ersten delegierten Rechtsakt, der beispielsweise die Renaturierung von Feuchtgebieten mit entsprechender Technologie hervorhebt oder eine Recyclingtätigkeit mit einer Wiederverwertung von mindestens 90 Prozent. Hier hatte man aber bewusst Atomkraft und Gas ausgeklammert, da schon während der Verhandlungen zwischen Parlament und Rat keine Einigkeit darüber erzielt werden konnte. Auch der jetzt vorgelegte zweite delegierte Rechtsakt darf eine Festlegung im Originalgesetz präzisieren und detaillieren, aber er darf sie nicht grundlegend ändern. Wenn jetzt aber die Kommission per delegiertem Rechtsakt sagt: ‚Wir betrachten die Atomenergie als nachhaltig‘, ändert das dann nicht im wesentlichen Maße den primären Rechtsakt? Dann würde die Kommission damit ihre Kompetenzen überschreiten. Und das ist der Hauptgrund, auf den Österreich und Luxemburg ihre Klage stützen wollen.

Was passiert, nachdem die Mitgliedsstaaten ihre Rückmeldung zum Rechtsakt der EU-Kommission gegeben haben?

Die Kommission schaut sich die Rückmeldungen an und ändert den Rechtsakt vielleicht oder auch nicht und veröffentlicht ihn dann offiziell. Danach läuft eine viermonatige Frist, innerhalb der sowohl das EU-Parlament als auch der Rat der Mitgliedsstaaten mit entsprechenden Mehrheiten den delegierten Rechtsakt ablehnen können. Wenn eine mehrheitliche Ablehnung nicht zustande kommt, dann gilt er als in Kraft getreten, bis die Rechtmäßigkeit eben eventuell durch eine Klage vor dem EuGH entschieden wird, wie schon jetzt von Österreich und Luxemburg geplant. Und wenn der Rechtsakt in Kraft tritt, dann privilegiert er Atomenergie und fossiles Erdgas als Übergangstechnologien. Er stellt sie zwar nicht auf die gleiche Stufe wie Erneuerbare Energien, de facto ist es jedoch so, dass zwar auf einem Finanzprodukt beispielsweise stehen muss, dass es Atomenergie oder fossiles Erdgas beinhaltet, aber trotzdem hat es erstmal das Taxonomie-Label.

War die Aufregung um die den Rechtsakt der Kommission absehbar?

Es war absehbar, insofern, dass Frankreich sehr große Probleme hat, seine Reaktorflotte zu modernisieren und, dass das notwendig ist, liegt auf der Hand: Im Moment stehen fünf Blöcke still, weitere zwölf könnten auch noch von dieser Schweißnahtgeschichte betroffen sein, von der noch überhaupt nicht klar ist, ob das überhaupt gelöst werden kann. Darüber hinaus hat der französische Energiekonzern, EDF, enorme Finanzprobleme. EDF ist verschuldet, der französische Strompreis ist staatlich gedeckelt und so verlieren sie gerade jeden Monat Geld. Und dadurch, dass sie ja faktisch der einzige Versorger sind, müssen sie aufgrund der stillstehenden Blöcke auch noch Gas zukaufen. Gleichzeitig hat Frankreich ja auch Atombomben, die in regelmäßigen Abständen erneuert werden müssen, weil Uran eben zerfällt. Frankreich hat also ein industriepolitisches Interesse daran, dass Atomenergie als nachhaltig gekennzeichnet wird, um frisches Geld anzulocken. Insofern war es erwartbar auch hinsichtlich der ehemaligen deutschen Regierung, die ja zum Teil auch in der jetzigen zu finden ist. Der deutschen Regierung war und ist es sehr wichtig, dass Gas als nachhaltig eingestuft wird.

Was sagen Sie zu Gas?

Als Grüne kennen wir die Studien, wir wissen, dass wir Spitzenlastkraftwerke brauchen. Aber das heißt nicht, dass diese in die Taxonomie sollten! Man kann Kraftwerke auch ohne Eingruppierung in nachhaltige Finanzprodukte einbauen – allein schon mit Blick auf die Renditeerwartung. Wenn ich weiß, wir steigen 100 Prozent auf Erneuerbare um, dann wird es Zeiten geben, in denen diese Gaskraftwerke laufen, weil vielleicht weniger Wind und Sonne verfügbar sind und sie auch entsprechend höhere Preise nehmen können.

Ist nur in Deutschland der Aufruhr so groß?

In Österreich ist er groß, in Luxemburg ist er groß. In Frankreich ist er ironischerweise deshalb groß, weil die französische Atomindustrie sagt, die Vorgaben für Atomkraft seien zu streng und es nicht sein könne, dass man die derzeit gültigen Sicherheitsstandards auch bei Laufzeitverlängerungen einhalten müsse. Eigentlich ist die Aufregung in ganz Europa groß. Die zentral- und osteuropäischen Länder empfinden hingegen die Vorgaben für die Gaskraftwerke als zu streng. Begeistert ist, ehrlich gesagt, niemand.

Wie ist die Stimmung im EU-Parlament?

Im Parlament gibt es mittlerweile verschiedene Initiativen unterschiedlicher Fraktionen und Akteur*innen. Es gab beispielsweise einen Brief, in dem eine ganze Reihe von Parlamentarier*innen mit ihrer Unterschrift sagten, die Atomenergie zerstöre die Taxonomie als Finanzinstrument. Ähnlich haben sich die Vorsitzenden des Umweltausschusses und des Wirtschafts- und Währungsausschusses geäußert, die seinerzeit für die parlamentarische Befassung mit der Taxonomie zuständig waren. Ein Brief von den ehemaligen Berichterstattern, die federführend verhandelt hatten, mahnt an, dass der jetzige Rechtsakt überhaupt nicht dem entspräche, was sie sich vorgestellt haben. Es wird also noch eine spannende Debatte. Ich halte es mittlerweile für nicht mehr ausgeschlossen, dass wir die absolute Mehrheit, die wir im Europaparlament brauchen, um diesen Rechtsakt abzulehnen, zusammenbekommen könnten. Sei es, weil es Leute gibt, die dagegen sind, weil es zu lasch ist oder eben Abgeordnete, die sagen, sie sind dagegen, weil es ihnen zu streng ist. In dem Fall stimme ich gern mit ihnen ab.

Wie wird es nun hinsichtlich einer Abstimmung im EU-Parlament und im EU-Rat weitergehen?

Wir werden vermutlich vor der Sommerpause über diesen delegierten Rechtsakt abstimmen, ob die Kommission ihn aufgrund der Rückmeldungen der Regierungen angepasst hat oder nicht. Im Parlament brauchen wir die absolute Mehrheit und im Rat wird die sogenannte verstärkte qualifizierte Mehrheit benötigt: Das heißt, 72 Prozent der Mitgliedsstaaten, die mindestens 65 Prozent der Bevölkerung vertreten. 20 Mitgliedsstaaten müssten dagegen stimmen. Die sehe ich ehrlicherweise im Moment nicht.

Was würde denn passieren, wenn das EU-Parlament den Rechtsakt ablehnt und der EU-Rat nicht?

Es braucht nur aus einem der beiden Organe eine Ablehnung – das heißt, es würde reichen, wenn das EU-Parlament dagegen stimmt. Dann geht der Rechtsakt wieder zurück an die Kommission und die entscheidet, ob sie etwas Neues verfasst, dem das Parlament zustimmen kann. Die Kommission könnte aber auch gar nichts verfassen.

Gleichzeitig – auch schon vor der Taxonomie-Debatte – kommen auch hierzulande immer wieder die Einwände, man hätte die Atomkraftwerke als Brückentechnologie erhalten müssen, da sie einen angeblich sehr geringen CO2-Ausstoß hat. Was sagen Sie diesen Leuten?

Diesen Leuten sage ich immer, sie führen eine wirklich ahistorische Debatte, wenn sie glauben, man hätte 2011, im Jahr des zweiten Atomausstiegs, öffentlich auch nur in Erwägung ziehen können, alle Kohlekraftwerke abzuschalten. Tatsächlich wäre man schallend ausgelacht worden. Das war das Jahr, als das allererste Mal auf einem Grünen-Parteitag ein Antrag behandelt wurde, der für einen Kohleausstieg ein festes Datum vorgesehen hatte; das Jahr, in dem eine Partei in Deutschland das allererste Mal überhaupt das Wort Kohleausstieg in den Mund genommen hatte. Und ich glaube auch nicht, dass eine erneute Rückkehr zur Atomenergie angesichts der Menschenmassen, die auch nach dem Wiedereinstieg und Fukushima auf die Straße gegangen sind, gesellschaftlich hätte durchgedrückt werden können. Man kann dieses Gedankenexperiment durchführen, aber es ist müßig, weil es nichts mit den damaligen parlamentarischen und gesellschaftlichen Mehrheiten zu tun hat.

Wie gehen wir damit um, dass nach der Abschaltung der letzten deutschen Atomkraftwerke direkt hinter der Grenze Atomkraftwerke stehen und dann vielleicht auch noch in dem Zustand, wie die französischen?

Die grenznahen Atomkraftwerke sind ein steter Quell der Freude. Ich wohne selber in der Abluftfahne von Cattenom, wenn das mal hochgehen sollte. Natürlich beschäftigt uns das Thema schon sehr lang. Es gibt sowohl zu Cattenom als auch beispielsweise zu Tihange in Polen Initiativen aus den betroffenen Bundesländern, die versuchen auf diplomatischen Weg Einfluss zu nehmen. Was uns da aber entgegenschlägt, ist der unsägliche EURATOM-Vertrag von 1957. Ziel des Vertrags war es, eine starke europäische Atomindustrie aufzubauen und alles andere hatte sich dem unterzuordnen. Und dann gibt beispielsweise auch noch das Pariser Atomhaftungsübereinkommen mit einem gegenseitigen Haftungsversprechen. Wenn in Frankreich ein Atomkraftwerk havariert – die sind offiziell mit lächerlichen 82 Millionen Euro pro Reaktor versichert – springt der französische Staat ein. Aber, wenn der französische Staat will, kann er Deutschland, Spanien, die Niederlande, Belgien und zum Beispiel auch Schweden anrufen und sagen: ‚Ihr müsst uns unterstützen‘. Dann würde deutsches Steuergeld dafür eingesetzt werden, die durch dieses havarierte Atomkraftwerk entstandenen Schäden zu beseitigen.

Was kann man hier tun?

Das Problem ist, dass zum Beispiel der EURATOM-Vertrag ein zwischenstaatlicher Vertrag ist. Hier haben wir als Europaparlament keinerlei Möglichkeiten, aktiv zu werden. Meine Hoffnung war der Brexit, weil durch diesen einer der Unterzeichnerstaaten des EURATOM-Vertrages, nämlich Großbritannien, selbigen verlassen musste. Ich hatte gehofft, dass die deutsche Ratspräsidentschaft dazu genutzt werden könnte, innerhalb der Mitgliedstaaten eine Debatte darüber anzustoßen, wie man nun weiter mit diesem Vertrag umgeht. Dann kam aber die Pandemie und die Rechtsstaatlichkeitsdebatte mit Ungarn und alle hatten andere Sorgen. Aber die Frage bleibt: Wie gehen wir damit um, dass wir nach dem 31.12.2022 für eine Technologie mithaften, die wir selbst gar nicht mehr betreiben.

Warum wohnen Sie denn noch in der Nähe von Atomkraftwerken?

Ich bin hier 1990 hergezogen, als sämtliche deutsche AKWs noch liefen. Aber wo in Europa könnte man denn hinziehen, dass man garantiert von keinem AKW betroffen ist, vielleicht Island? Je nachdem, wie der Wind steht, „kriegt man es sowieso ab“. Man kann sich fast nur aussuchen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit sein sollte, dass etwas passiert. Das gehört zu den Risiken, die man besser verdrängt, da man darauf sehr wenig Einfluss hat. Denn vielleicht zieht man irgendwohin und plötzlich wird im angrenzenden Land, beispielsweise in Polen, ein neues Atomkraftwerk gebaut. Um es kurz zu machen: Umziehen ist für mich keine Option, da engagiere ich mich lieber politisch, damit die Atomkraftwerke schnellstmöglich abgeschaltet werden.

#ErneuerbarStattAtomar

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